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1200 Marihuana-Pflanzen

GZ Plus IconUnbekannte verwandeln ehemaliges Hotel in Drogen-Plantage

Die Polizei holt die Cannabis-Pflanzen säckeweise aus dem Haus.

Die Polizei holt die Cannabis-Pflanzen säckeweise aus dem Haus. Foto: Schlegel

Als die Besitzerin eines verfallenen Hauses nicht in das Gebäude kam, holte sie die Polizei. Die entdeckte dort Unglaubliches: Unbekannte hatten das ehemalige Hotel in ein Drogengewächshaus verwandelt. Das ist der aktuelle Stand.

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Von Holger Schlegel
Freitag, 28.03.2025, 19:45 Uhr

Bad Harzburg. Es dürfte sich wohl um einen der größten, wenn nicht den größten Drogenfund in der Bad Harzburger Kriminalgeschichte handeln: Am Donnerstag und Freitag hob die Polizei in der oberen Herzog-Julius-Straße mit einem Großaufgebot an Kräften über Stunden eine Marihuana-Plantage aus, die sich in einem leerstehenden Gebäude in der Herzog-Julius-Straße befand. Nach ersten Schätzungen der Polizei standen dort rund 1200 Cannabis-Pflanzen in einem professionellen Gewächshausumfeld. Wer sie angebaut hat, ist noch nicht bekannt und wird im Zentrum der nun anlaufenden Ermittlungen stehen. Am Abend wurden allerdings zwei Verdächtige nach einem weiteren Großeinsatz festgenommen.

Bevor die Pflanzen aus dem Haus geholt werden, inspiziert die Kriminaltechnik den Tatort eingehend.

Bevor die Pflanzen aus dem Haus geholt werden, inspiziert die Kriminaltechnik den Tatort eingehend. Foto: Neuendorf

Bei dem Gebäude handelt es sich um das ehemalige Hotel „Burgkeller“ im Schatten der Lutherkirche. Am Donnerstagabend wollte es laut Polizei die Erbin des Hauses inspizieren, stellte aber fest, dass es von innen verriegelt war. Daraufhin alarmierte sie die Polizei. Und die fand am frühen Donnerstagabend die Cannabis-Pflanzen. Laut Polizeisprecher Thorsten Ehlers erstreckte sich die Plantage über mehrere Räume und mehrere Etagen des Gebäudes. Personen befanden sich nicht in dem Gebäude.
Mit einem Großaufgebot ist die Polizei seit Donnerstagabend in der Herzog-Julius-Straße zugange.

Mit einem Großaufgebot ist die Polizei seit Donnerstagabend in der Herzog-Julius-Straße zugange. Foto: Neuendorf

Polizeisprecher Thorsten Ehlers.

Polizeisprecher Thorsten Ehlers. Foto: Neuendorf

Das Haus ist allerdings dermaßen baufällig, dass am Donnerstagabend erst einmal das Technische Hilfswerk die Decken und Böden abstützen musste. Über Nacht wurde das Gebäude dann versiegelt und von der Polizei bewacht.

Nachbarn hatten es gerochen

Am Freitagmorgen dann begann der Großeinsatz. Zunächst inspizierten Kriminaltechniker die Plantage. Die war mit einer fast schon professionellen Infrastruktur betrieben, inklusive Lampen, Heizungen und Entlüftungen. Und das offenkundig, ohne dass in der Nachbarschaft großartig Notiz von der Sache genommen wurde. Vor Ort jedenfalls berichteten Zeugen, dass rund um das Haus nichts Auffälligen beobachtet worden sei. Wohl aber habe man hin und wieder einen deutlichen Marihuana-Geruch in der Luft festgestellt. Manch einer habe aber geglaubt, dass dieser Geruch auch von der benachbarten Ysate-Fabrik stammen könnte. Wie dem auch sei. Die Polizeibeamten vor Ort konnten ob solcher (späten) Hinweise nur den Kopf schütteln. Vielleicht hätte der eine oder die andere den Ordnungshüter auch schon einfach einmal früher einen Tipp geben können.

Insgesamt 1200 Pflanzen werden gefunden.

Insgesamt 1200 Pflanzen werden gefunden. Foto: Neuendorf

Nachdem am Freitagvormittag der Tatort akribisch von Kriminaltechnikern untersucht und die Zustände dokumentiert worden waren, begann der Abtransport der Pflanzen, geschätzt immerhin rund 1200.
Viele der Pflanzen sind voll ausgewachsen.

Viele der Pflanzen sind voll ausgewachsen. Foto: Schlegel

Sie wurden Stück für Stück abgeschnitten, in Säcke verpackt und aus dem Haus geholt. Spätestens da wehte dann ein markanter Cannabis-Geruch durch die Straße. Zum Abtransport waren ein Klein-Lkw und mehrere Transporter nötig.
Die „Ernte“ der Polizei: Ganze Lkw-Ladungen mit Marihuana-Pflanzen.

Die „Ernte“ der Polizei: Ganze Lkw-Ladungen mit Marihuana-Pflanzen. Foto: Neuendorf

Die Pflanzen werden nun getrocknet, und erst einmal eingelagert. Was mit ihnen geschieht, hängt auch mit dem Verlauf der weiteren Ermittlungen ab. Welchen Wert die Drogen haben, konnte die Polizei gestern noch nicht sagen, das sei in erster Linie auch vom THC-Gehalt der Pflanzen abhängig. THC steht für Tetrahydrocannabinol, es zählt zu den psychoaktiven Cannabinoiden und ist der hauptsächlich rauschwirkende Bestandteil der Hanfpflanze.

Aber wer hat das ehemalige Hotel „Burgkeller“ in ein professionelles Drogen-Gewächshaus ausgebaut? Eine Antwort auf diese Frage kann die Polizei derzeit noch nicht geben. Allerdings wurden am Abend zwei Verdächtige festgenommen, die laut Polizei „in unmittelbarem Zusammenhang mit der Cannabisplantage“ stehen sollen. Die zwei Männer flüchteten, woraufhin die Polizei mit einem Großaufgebot die Stadt regelrecht abriegelte und die Ein- und Ausfallstraßen kontrollierte. Auch ein Hubschrauber kreiste über der Stadt und suchte nach den Flüchtigen.

Am Freitagabend werden alle Ein- und Ausfallstraßen abgeriegelt, auf der Suche nach den Verdächtigen. Sie werden später in einem Restaurant gefunden und vorläufig festgenommen.

Am Freitagabend werden alle Ein- und Ausfallstraßen abgeriegelt, auf der Suche nach den Verdächtigen. Sie werden später in einem Restaurant gefunden und vorläufig festgenommen. Foto: Schlegel

Gegen 21 Uhr seien die Verdächtigen in einem Restaurant gefunden und vorläufig festgenommen worden, so die Polizei am späten Freitagabend.

Noch kann allerdings die Frage nicht beantwortet werden, inwieweit der Drogenfund im Zusammenhang mit gleichartigen Fällen steht, die vor etwas mehr als einer Woche in Clausthal-Zellerfeld und im Raum Hannover aufgedeckt worden waren. Dabei waren allein im Oberharz 1050 Pflanzen gefunden worden, die ebenfalls in einem leerstehenden Gebäude gezüchtet worden waren.

Strom wurde geklaut

Auch hat die Polizei noch keine Aussage dazu getroffen, woher die Täter überhaupt die Energie für ihre Anlage bezogen haben. Seitens der Stadtwerke hieß es allerdings gestern Abend, der Strom sei „am Zähler vorbei“ abgezapft, also geklaut worden. Das dürfte nicht wenig sein: Immerhin brauchen Marihuana-Pflanzen Wärme, bei konstant 35 Grad gedeihen sich am besten. Und die aus der Juliusstraße sahen wirklich „wohlgenährt“ aus. In Posthof, wo vor einigen Monaten ebenfalls eine solche Plantage entdeckt worden war, habe sich laut Thorsten Ehlers die Strommenge auf etwa 1.000 bis 1.200 Kilowattstunden pro Tag belaufen.

HINTERGRUND: HOTEL BURGKELLER

Das ehemalige Hotel Burgkeller auf einer historischen Ansicht. Mittlerweile ist das Haus verfallen.

Das ehemalige Hotel Burgkeller auf einer historischen Ansicht. Mittlerweile ist das Haus verfallen. Foto: Friedrich Behme

Bei dem Gebäude handelt es sich um das ehemalige Hotel „Burgkeller“. Gegründet wurde es im Jahr 1876. In späteren Jahren wurde nur noch die im Erdgeschoss liegende Gaststätte betrieben, in den 80er Jahren war der Vater von Bürgermeister Ralf Abrahms Wirt und Pächter. Später zog die Kneipe „Amadeus“ dort ein, anschließend hieß das Lokal „Alter Simpl“ und zuletzt war dort der „Ein-Euro-Pub“ beheimatet, der nun aber auch schon viele Jahre geschlossen ist. Seitdem fällt das Haus dem Verfall anheim. .

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