Damenputz, politische Salons und starke Frauen
Bergakademiefest 1925 in Goslar: Blick in die Rosentorstraße. Foto: Stadtarchiv/Hermann Stumm
„1925: Die Goldenen Zwanziger in Goslar“: In Teil 2 der GZ-Serie geht es um Mode, Preise, Trends, Geschäfte und starke Frauen, die in der Kaiserstadt von sich reden machten.
Goslar. Mode war ein großes Thema in den 1920er Jahren. Mit illustrierten Werbeanzeigen in der „Goslarschen Zeitung“ warben unter anderem das Modehaus Ph. Heilbrunn und die Firma Lindemann & Co. AG, „Potsdams größtes und vornehmstes Kaufhaus“, das in der Goslarer Innenstadt eine Niederlassung hatte, um die modebewusste Goslarerin, die es ihren Idolen nachtun wollte. Von 1929 an gehörte dieses Kaufhaus zur Rudolf Karstadt AG.
Der neue und extravagante Stil in den Goldenen Zwanzigern hatte allerdings seinen Preis, den sich nicht jede Frau leisten konnte, denn der durchschnittliche Arbeitslohn lag im Jahr 1925 nur bei 122 Mark im Monat. Das würde heute – nach Kaufkraftäquivalenten laut Deutscher Bundesbank – kaum mehr als dem Lohn eines Minijobs entsprechen. Kleider aus Ottoman-Seide, Rips-Moulineé oder Eolienne, einem gerippten Seidengewebe, kosteten bei, Goslarer Modehaus Heilbrunn zwischen 29,50 (112 Euro) und 78 Mark ( (296 Euro).
Mode mit Korsett: Annonce in der Goslarschen Zeitung 1925. Foto: Stadtarchiv Goslar
Mit Kopfputz und Seidengewebe
Der neue Look musste natürlich durch „Damenputz“, einen Hut, unterstrichen werden, der in den 20er Jahren ein unverzichtbares Accessoire war. Strümpfe aus Kunstseide, ein „transmediales Faszinosum“, waren sehr begehrte Modeartikel in der Weimarer Republik. Bei Strumpf-Otto in der Hokenstraße gab es sie „zu jedem Schuh oder Kleid passend“.
Anders als heute, wo Billigware aus Fernost den Modemarkt überschwemmt, war es damals nicht für alle Frauen erschwinglich, alle Modetrends gleich mitzumachen. Die Inhalte der Goslarer Kleiderschränke waren damals noch sehr überschaubar.
Ärztin, Spediteurin, Lehrerin
Unter den Goslarer Geschäftsleuten gab es zwar viele Frauen, doch nur wenige von ihnen waren 1925 Inhaberinnen von Scheckkonten bei der Goslarer Sparkasse oder dem Postscheckamt Hannover. Zu ihnen gehörten beispielsweise die Spediteurin Klara Erbsen und die in Folge 1 erwähnte Kinobesitzerin Marie Förster. Eine weitere Ausnahme bildete auch die Ärztin Dr. Astrid Kaiser, eine 36-jährige Schwedin, die seit 1919 in Goslar ansässig und die einzige Frau unter den 19 niedergelassenen Ärzten in der Stadt war. Auffallend ist, dass zwar die Goslarer Lehrerinnen über Scheckkonten verfügten, nicht aber Elisabeth Wildmann, die erfolgreiche Kinobesitzerin.
Die Goslarer Kinobesitzerin Elisabeth Wildmann (1878 bis 1963), geb. Fuchs, mit ihrem ersten Ehemann Alois, der aus Budapest stammte. Elisabeth Wildmann, ehemalige Artistin, kam 1910 von Gelsenkirchen nach Goslar. Foto: Privat/Wildmann
„Bund Königin Luise“: Zurück zu Kaiserszeiten?
Gesellschaftlich waren nicht alle Frauen in dieser Stadt in den „Goldenen Zwanzigern“ modern und fortschrittlich eingestellt. So gab es im Frühjahr 1925 auch junge Goslarerinnen, die sich für einen Bund interessierten, der den „Geist der Opferfreude von 1914“ neu erwecken wollte. Von den Kameradinnen, den Mitgliedern des Bundes, wurde erwartet, „schlicht und einfach wieder zu werden und die Ideale zu wecken, die in der Brust eines jeden Deutschen schlummern. (...)“, wie die Hannoveraner Gauleiterin des Bundes Königin Luise (BKL) es am 21. April im Saal des Hotels Kaiserworth in ihrer Ansprache unter anderem verkündete.
Mehr Freiheit: Die Mädchen-Schwimmabteilung des MTV Goslar Mitte der 1920er Jahre. Foto: Stadtarchiv/Bernhard Günther
Völkischer Frauenbund
Den BKL-Gründerinnen ging es im Jahr 1923, also fünf Jahre nach Kriegsende und dem Ende der Monarchie in Deutschland, um die Abschaffung der Weimarer Republik und die Wiedererrichtung einer Monarchie. Seit 1924 war Cecilie von Preußen, eine Nachfahrin Königin Luises und bis 1918 deutsche Kronprinzessin, Schirmherrin des BKL. Zur Informationsveranstaltung der Frauenorganisation, die ihren Hauptsitz in Halle hatte, waren 120 Frauen und Mädchen ins Kaiserworth gekommen.
An diesem Abend wählten die Anwesenden den vorläufigen Arbeitsausschuss der neuen Ortsgruppe. Zur ersten Vorsitzenden wurde die 49-jährige Theda Tappen gewählt. Sie arbeitete seit Beginn des Ersten Weltkrieges im Goslarer Stadtarchiv und wurde 1931 dessen Leiterin. Zuvor hatte sie sich jahrelang für die schillernde Politikerin und Salonnière Katharina von Kardorff-Oheimb und deren 1919 in Goslar gegründeten Nationalverband Deutscher Frauen e. V. engagiert.Die Goldenen Zwanziger in Goslar
„Kathinka“, die Frau von Welt in Goslar

Theda Tappen, Mitarbeiterin und später Leiterin des Stadtarchivs und erste Vorsitzende der nationalistischen BKL-Ortsgruppe Goslar. Foto: Stadtarchiv Goslar
Theda Tappen und „Kathinka“ von Kardorff-Oheimb
Kardorff-Oheimb war an der Gründung des BKL in Goslar nicht beteiligt, da es zwischen den beiden Frauen zu Unstimmigkeiten gekommen war. „Ich bin zwar seit Jahren keine Dankbarkeit gewöhnt, aber wenn es von Menschen kommt, die man lieb hat, ist es besonders schmerzlich. (...) Besten Gruss und recht guten Erfolg für Eure weiteren Unternehmungen“, schrieb Kardorff-Oheimb in einem Brief vom 4. Mai 1925 an Theda Tappen.
Katharina von Kardorff-Oheimb Foto: Bundesarchiv
Bereits 1926 hatte der BKL 100.000 Mitglieder. Der Bund vertrat völkisches und antisemitisches Gedankengut und verwehrte Jüdinnen schon in der Satzung von 1923 die Mitgliedschaft. Wer in Goslar außer den Vorstandsmitgliedern BKL-Kameradin war, ist bisher ein weißer Fleck in der Geschichte. Ähnliches gilt für die Beziehung zwischen Theda Tappen und der aus Wernigerode stammenden BKL-Mitbegründerin und ersten Vorsitzenden Marie Netz sowie zu deren Nachfolgerin Charlotte von Hadeln. Letztere wurde 1930 gemeinsam mit 30 weiteren BKL-Leiterinnen vom faschistischen italienischen Machthaber Benito Mussolini empfangen.
Neue GZ-Serie
„1925: Die Goldenen Zwanziger in Goslar“
„Die Goldenen Zwanziger in Goslar“
Ein Hauch von London, Paris und Berlin
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