Bundesverband entstand unter Kanzler Adenauer im Odeon-Theater
Im Jahr 1950: Konrad Adenauer, damals Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, an der Marktkirche in Goslar auf dem Weg ins Rathaus. Foto: Stadtarchiv Goslar/Straicher
Für ihre „Goslarer Rede“ bietet die Konrad-Adenauer-Stiftung in diesem Jahr mehrere Redner auf, allen voran CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. In diesem Jahr jährt sich der Gründungsparteitag der CDU in Goslar zum 75. Mal.
Goslar. An den Jahrestag ihres Gründungsparteitages im Oktober 1950 erinnert die CDU seit 2015 mit der „Goslarer Rede“, bei der ein prominenter Christdemokrat in der Kaiserstadt zu aktuellen Themen spricht. In diesem Jahr bietet die Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU als Veranstalterin zum 75. Jahrestag gleich mehrere prominente Redner auf.
Die „Goslarer Rede“ 2025 am Mittwoch, 5. November, im Hotel Achtermann hält Carsten Linnemann, der CDU-Generalsekretär gilt als einer der engsten Vertrauten von Kanzler Friedrich Merz. Der gebürtige Paderborner, der von 2013 bis 2021 Bundesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion war und damit einer der wichtigsten Köpfe des CDU-Wirtschaftsflügels, galt als Anwärter auf den Posten des Wirtschaftsministers im schwarz-roten Kabinett. Er verzichtete aber auf ein Ministeramt.
Eine „Grundsatzrede“
Für Linnemanns Auftritt in Goslar kündigt die Konrad-Adenauer-Stiftung eine „Grundsatzrede“ an. Ob er sich auch zum Zustand der schwarz-roten Koalition äußert, die zuletzt um ein Losverfahren bei der Wehrpflicht stritt, und um die Diskussionen über die Brandmauer zur AfD, das wird sich zeigen.
Neben Linnemann sprechen im „Achtermann“ außerdem Norbert Lammert, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung und früherer Bundestagspräsident, sowie Niedersachsens CDU-Landesvorsitzender und Landtagsfraktionsvorsitzende Sebastian Lechner und der Landtagsabgeordnete Christoph Plett, Vorsitzender des CDU-Landesverbandes Braunschweig.

Kanzler Konrad Adenauer (2.v.r.) besucht am 20. Oktober 1950 während des CDU-Gründungsparteitages mit Karl Bruchmann (r.), Leiter des Stadtarchivs, und Niedersachsens Wirtschaftsminister Otto Fricke (3.v.l.) den Huldigungssaal im Rathaus. Foto: Stadtarchiv Goslar
Zu ihrem Gründungsparteitag im Jahr 1950 hatte sich die CDU indes nicht im „Achtermann“ getroffen, sondern im „Oden-Theater“. Aber die Verantwortlichen hielten seinerzeit einige Sitzungen in dem Hotel ab, um die Gründung vorzubereiten. Daran erinnert noch heute ein Adenauer-Zimmer.
Der Besuch Adenauers war für Goslar ein Ereignis, er war der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik. In Goslar wurde er zudem zum Parteivorsitzenden gewählt. In der Kaiserstadt besuchte er unter anderem den Huldigungssaal im Rathaus.
Erste CDU-Verbände waren bereits 1945 gegründet worden. Sie entstanden aber nicht zentral organisiert, sondern aus lokalen und regionalen Initiativen. Die Bundes-CDU bildete sich erst ein Jahr nach der ersten Bundestagswahl – bei ihrem ersten Bundesparteitag vom 20. bis 22. Oktober 1950 in Goslar.
Es gab auch Schildkrötensuppe
Die Christdemokraten haben die Umstände ihrer Gründung gut dokumentiert. Ein Beitrag für die Zweimonatsschrift „Die Politische Meinung“, die von der Konrad-Adenauer-Stiftung herausgegeben wird, widmet sich sogar der kulinarischen Seite und berichtet, was den Gästen eines Presseempfangs zum ersten Bundesparteitag serviert wurde. Als Vorspeise gab es ein „Nordisches Vorgericht“, es folgte eine Tasse Ochsenschwanzsuppe und eine Mastkalbskeule, bevor zum Nachtisch eine Mandel-Charlotte serviert wurde.
Für die Gäste aus dem Ausland gab es sogar Schildkrötensuppe, das wäre heute aus vielen Gründen undenkbar. Interessanter ist aber ohnehin, wieso die Tagung unter dem Motto „Einigkeit und Recht und Freiheit“ in Goslar und nicht etwa in Berlin oder anderswo erfolgte. „Heidelberg war als unzerstörte, verkehrsgünstig gelegene Stadt zunächst im Rennen“, schreibt der Politikwissenschaftler Michael Borchard in „Die Politische Meinung“. Und Berlin schien „aus politischen Gründen geradezu unvermeidbar zu sein“, berichtet er weiter. Adenauer habe aber befürchtet, dass die CDU in Berlin nicht in der Lage gewesen wäre, geschlossen aufzutreten – ein Aspekt, der in der Politik auch heute noch wichtig ist, aber mitunter vernachlässigt wird. Borchard bezeichnet Goslar schließlich als „lachenden Dritten“ und als den „idealen Kompromisskandidaten“.
Warum allerdings auch Heidelberg ausschied? Politikwissenschaftler Borchard schreibt dazu: „Es mag auch das ausgesprochen gute Verhältnis des ersten niedersächsischen Wirtschaftsministers Otto Fricke zu Konrad Adenauer gewesen sein, das bei der Wahl des Ortes mitgeschwungen hatte.“ Fricke stammt bekanntermaßen aus Goslar. Dessen Sohn gleichen Namens, der lange Zeit Ratsherr war, hat als Kind sogar bei Adenauer auf dem Schoss gesessen, als der die Familie Fricke zu Hause besuchte, berichtet Goslars CDU-Kreisvorsitzender Ralph Bogisch.
Eine Erinnerungsstätte
Mittlerweile ist der damalige Junge 93 Jahre alt und das Mitglied, das dem Kreisverband Goslar so lange angehört, wie sonst niemand. Otto Fricke gehört der CDU seit Januar 1951 an. Übrigens hat nicht nur die Bundes-CDU Grund zum Feiern. Der Verband in Goslar wurde bereits 1945 gegründet, als einer der ersten bundesweit. Daran will der Kreisverband am 21. November bei einem Fest zum 80-jährigen Bestehen erinnern. Kreisvorsitzender Ralph Bogisch plant eine Veranstaltung im ehemaligen Odeon-Theater, das derzeit als Wohnhaus umgebaut wird. Später soll auch eine kleine Erinnerungsstätte entstehen. Dazu sei er im Gespräch mit dem Eigentümer des Gebäudes, berichtet Bogisch und nennt das Vorhaben „eine Herzensangelegenheit“.
Vorher aber wird der Gründungsparteitag der Bundes-CDU gefeiert. Anmeldungen für die „Goslarer Rede“ am 5. November nimmt die Konrad-Adenauer-Stiftung in ihrem Büro in Goslar bis Montag, 3. November, per E-Mail entgegen.
Korrektur: Mit dem Kanzler am Kaffeetisch
Der Goslarer Otto Fricke erinnert sich an den Besuch Adenauers
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