Brockenbahn-Erweiterung: Landkreis Goslar zeigt sich zurückhaltend
Die Brockenbahn gehört zu den größten Attraktionen im Harz. Plänen zufolge soll die Strecke von Elend nach Braunlage erweitert werden. Foto: GZ_Archiv
Wie geht es weiter mit den Plänen für eine Erweiterung der Brockenbahn nach Braunlage? Der Streckenbau würde nach GZ-Informationen rund 39 Millionen Euro kosten.
Braunlage. Während Halberstadts Landrat Thomas Balcerowski keine Gelegenheit auslässt, für die Brockenbahnerweiterung von Elend nach Braunlage zu werben, hält sich der Landkreis Goslar auffallend zurück. Dabei könnte Landrat Dr. Alexander Saipa ebenfalls großes Interesse an dem Projekt haben, schließlich ist er Vorstand des Harzer Tourismusverbandes, und die Brockenbahn gehört zu den größten Attraktionen der Region.
Doch der Landkreis äußert sich allenfalls verhalten. Auf Nachfrage teilt die Kreisverwaltung in Goslar mit, sie stehe den Erweiterungsplänen „grundsätzlich offen“ gegenüber. Mit einer finanziellen Beteiligung könne angesichts der Haushaltslage aber nicht gerechnet werden. Schließlich drohe mittelfristig ein Defizit in dreistelliger Millionenhöhe.
800 Millionen Euro
Seit vielen Jahren versuchen unterschiedliche Akteure, das Vorhaben zu realisieren. Der letzte Anlauf scheiterte 2010. Zwar befinden sich die Harzer Schmalspurbahnen (HSB) aktuell in einer tiefen Krise. Laut einem Sanierungsgutachten benötigt das kommunal getragene Unternehmen, an dem die Stadt Braunlage über ihre Tourismusgesellschaft mit einem kleinen Anteil beteiligt ist, bis zum Jahr 2045 rund 800 Millionen Euro. Von dem Geld müssen vorrangig Strecken saniert, die Loks technisch auf umweltfreundliche Antriebe umgestellt und die erst 2022 eröffnete Werkstatt in Wernigerode erweitert werden. Dennoch wirken die Voraussetzungen derzeit wegen des Förderrahmens nicht ungünstig.
Das liegt vor allem daran, dass der Bund einen Großteil der Kosten für den Bau einer rund sechs Kilometer langen Schienenstrecke von Elend nach Braunlage übernehmen könnte, nämlich 90 Prozent. Zwar hat die HSB die Machbarkeitsstudie zu dem Projekt, die seit einiger Zeit vorliegt, noch immer nicht veröffentlicht. Doch nach GZ-Informationen geht es um 39 Millionen Euro, die erforderlich wären, um die Weststrecke zu bauen. Es blieben also „nur“ knapp vier Millionen übrig.
Bis nach Wernigerode
Immerhin hat das Land Niedersachsen nach GZ-Informationen das Vorhaben zur Fortschreibung im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) für die Jahre 2025 bis 2029 angemeldet. Um von der umfangreichen Förderung für Streckenreaktivierungen zu profitieren, wird das Braunlage-Projekt von den Planern als Wiederbelebung der einstigen Südharzeisenbahn betrachtet, die Braunlage vor dem Zweiten Weltkrieg mit Walkenried sowie Tanne und dadurch mit der Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn sowie dem heutigen Netz der HSB verband.
Außerdem soll es argumentativ nicht nur um eine touristische Verbindung gehen, sondern auch darum, mit der Brockenbahnerweiterung über Elend und Drei Annen Hohne eine Verbindung zwischen Braunlage und Wernigerode herzustellen, den beiden Orten im Harz mit den meisten Besuchern. Auf diese Weise solle der öffentliche Personennahverkehr gestärkt werden.
Wie geht es jetzt weiter? Dem Bund liege noch kein Finanzierungsantrag für den GVFG-Topf vor, heißt es. Der Grund dafür dürfte in der noch nicht vorhandenen Planung liegen. Braunlages Bürgermeister Wolfgang Langer´hofft indes aber auch auf ein Signal der „niedersächsischen Seite“, wie er sagt. Es geht um die Frage, ob Niedersachsen das Vorhaben weiter begleitet. Das Wirtschaftsministerium in Hannover verweist auf eine Anfrage hin, wie es das Projekt unterstützt, lieber an den Regionalverband in Braunschweig, der sei „Aufgabenträger“ für solche Projekte. Der Verband betont, er unterstütze das Vorhaben und habe sich auch an der Machbarkeitsstudie beteiligt.
Termin wird nachgeholt
Um Planungs- und möglicherweise Finanzierungsfragen zu klären, hatte Landrat Saipa laut Mitteilung seiner Verwaltung kürzlich zu einem Termin nach Braunlage eingeladen, zu dem unter anderem ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums in Hannover und des Regionalverbandes in Braunschweig eingeladen waren. Wegen „anderweitiger Verpflichtungen“, so heißt es, wurde der Termin abgesagt, er soll nachgeholt werden, wann ist derzeit nicht bekannt. Bei dem Treffen solle auch besprochen werden, wie es jetzt weiter geht, auch planerisch, sagt Braunlages Bürgermeister.
Bereits beim Brockenstammtisch vor einigen Wochen hatte Landrat Balcerowski, der zugleich HSB-Aufsichtsratsvorsitzender ist, angemahnt, dass Niedersachsen nun Baurecht für die Strecke schaffen müsse. Der Landkreis Goslar jedenfalls sieht sich in dieser Frage nicht in der Pflicht. Die Kreisverwaltung verweist auf die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr und sieht sich erst in einem Beteiligungsverfahren am Zuge, in der sogenannte Träger öffentlicher Belange gehört werden. Dann würde die Behörde die Pläne beispielsweise aus naturschutz- oder aus wasserrechtlicher Sicht „natürlich fachlich-konstruktiv prüfen und entsprechende Stellungnahmen verfassen“.
Großes Potenzial
Eine weitere Frage ist, ob die Strecke wirtschaftlich betrieben werden kann. Die Machbarkeitsstudie sieht immerhin ein Potenzial von 230.000 Fahrten pro Jahr. Das wären immerhin beinahe so viel wie auf der Brockenstrecke. Derzeit befördert die Brockenbahn nach HSB-Angaben pro Jahr zwischen 500.000 und 600.000 Fahrgäste. Die Rede ist von „Beförderungsfällen“, weil ein Gast, der eine Hin- und Rückfahrt bucht, doppelt gezählt wird. Zum Vergleich: Auf der Selketalbahn, die bis nach Quedlinburg fährt, sind es nach HSB-Angaben 100.000 Fahrgäste und auf der Harzquerbahn nach Nordhausen 360.000, Schüler und Berufspendler eingerechnet, die auf der Strecke ebenfalls unterwegs sind.
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