Demo am Bündheimer Schloss gegen Bundestagsabgeordnete Baum
Rund 110 Menschen demonstrieren am Samstag vor dem Bündheimer Schloss gegen die AfD-Bundestagsabgeordnete Christina Baum, während die Linken-Kreisvorsitzende Peggy Plettner Voigt vor Rechtsextremismus warnt. Foto: Neuendorf
Mit einer Kundgebung haben rund 110 Menschen vor dem Bündheimer Schloss gegen die vom Verfassungsschutz beobachtete AfD-Bundestagsabgeordnete Christina Baum demonstriert. Die als rechtsextrem geltende Politikerin hielt vor Parteifreunden eine Rede.
Bad Harzburg. Etwa 110 Menschen haben am frühen Samstagabend in Bad Harzburg gegen die als rechtsextrem geltende AfD-Bundestagsabgeordnete Dr. Christina Baum protestiert. Die trat am frühen Abend im Bündheimer Schloss vor rund 80 Parteifreunden und Sympathisanten auf, warnte vor einem „Bevölkerungsaustausch“ und kritisierte den Verfassungsschutz. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete und frühere niedersächsische AfD-Landesvorsitzende Armin-Paul Hampel, der ebenfalls als Redner eingeladen war, hatte aus Krankheitsgründen abgesagt. Für ihn beschrieb der AfD-Kreisvorsitzende Dennis Möhring aus dem Harzkreis seine politische Haltung. Er hatte zusammen mit dem Bad Harzburger AfD-Stadtratsmitglied Stephan Kowallis zu der Veranstaltung eingeladen.
„Nazis raus, Nazis rauf“, riefen die Demonstranten vor dem Gebäude, die überwiegend aus Bad Harzburg, aber auch aus anderen Orten des Landkreises Goslar kamen. Angemeldet hatte die Demonstration das Bad Harzburger Bündnis gegen Rechtsextremismus um Stefan Scheele. Der zeigte sich zufrieden, auch wenn anders als im Januar diesmal nicht 500 Menschen dem Aufruf gefolgt waren. Damals hatte die AfD schon einmal einen Bürgerdialog im Schloss veranstaltet.
Zufrieden zeigte sich aber auch Bad Harzburgs Polizeichef Martin Görlich. Zwischenfälle habe es nicht gegeben, berichtete dieser. Die Beamten, die im Januar ja auch schon Erfahrungen hatten sammeln können, hatten dafür gesorgt, dass Besucher der AfD-Veranstaltung beim Eintreten ins Schloss gar nicht erst direkt mit den Demonstranten in Berührung kamen. Man blieb auf Rufweite zueinander. So kam es lediglich zu verbalen Scharmützeln, die Anhänger Baums, die vor dem Schloss standen, und einige der Protestteilnehmer riefen sich teils wüste Beleidigungen zu.
Rufe nach AfD-Verbot
Redner waren neben Scheele Anna Sophie Baumann von der Grünen Jugend, Oliver Turk vom Verein Spurensuche, Christa Kurkofka von den Omas gegen Rechts, Markus Weber von Pax-Christi, Christiane Dahncke vom Goslarer Bündnis gegen Rechtsextremismus sowie Hans-Georg Ruhe von Pulse of Europe. Als Vertreter der Parteien sprachen die Kreistagsabgeordnete Peggy Plettner-Voigt (Die Linke), der Kreistagsabgeordnete Matthias Schlawitz (Grüne), die Bad Harzburger Ratsfrau Susanne Herweg (CDU) sowie der Landtagsabgeordnete Christoph Willeke (SPD).
Abgesehen von ein paar teils wüsten Beleidigungen, die Demonstranten und AfD-Anhänger sich zurufen, verläuft die Veranstaltung im Schloss friedlich. Foto: Neuendorf
Sie warnten vor der AfD, riefen dazu auf, die Demokratie zu verteidigen und kritisierten die vom Verfassungsschutz in mehreren Berichten erwähnte Baum, die eine Vertraute des thüringischen AfD-Vorsitzenden Björn Höcke ist. Einige forderten, die AfD zu verbieten.
Scheele sagte etwa: „Rechtsextremismus ist keine Weltanschauung, sondern ein Verbrechen.“ Die AfD verbreite eine „völkisch-rassistische Ideologie“.
Peggy Plettner-Voigt wirft Baum „rassistischen, menschenverachtenden Unsinn“ vor, weil sie gegen „Überfremdung“ zu Felde ziehe. Sie sagt außerdem mit Blick auf das Gutachten des Bundesverfassungsschutzes, gegen das die AfD rechtliche Mittel eingelegt hat: „Die AfD ist gesichert rechtsextrem.“
Abermals Kritik an der Stadt
Fast unisono beklagten sich die Redner, dass die Stadt Bad Harzburg ihr Bündheimer Schloss nach wie vor für die AfD zur Verfügung stelle. Ein Ort, der laut Spurensuche Harzregion in den 1930er Jahren einmal Zweitwohnsitz des Braunschweiger NS-Ministerpräsidenten und SS-Mitglieds Dietrich Klagges gewesen sei. Allein diese Tatsache stelle „eigentlich ein Tabu da. Das wäre so, als ob die AfD auf dem früheren Reichsparteitagsgelände in Nürnberg sprechen würde“, vergleicht der Braunlager Johannes Barner. Bad Harzburgs Bürgermeister Ralf Abrahms hatte bereits im Nachgang des AfD-Bürgerdialogs im Januar erklärt, eine Partei – und eben auch die AfD – habe einen glasklaren Rechtsanspruch darauf, eine städtische Veranstaltungsstätte anzumieten. Das sei in der entsprechenden Satzung verankert. Diese Satzung sei vom Rat beschlossen worden. Die Stadt könne nicht willkürlich jemanden ausschließen.
Markus Weber erinnerte daran, dass die AfD ihren Bürgerdialog im Schloss „Harzburger Treffen“ genannt hat. Dieser Name sei ganz bewusst so gewählt worden, war er sich sicher. Es sei eine Anspielung an die Zusammenkunft der Harzburger Front, ein Schulterschluss rechtsextremer Gruppen, der 1931 in Bad Harzburg geschah. „Wir wollen, dass Bad Harzburg kein Mekka für Rechtsextremisten wird“, unterstrich Stefan Scheele.
Das Bad Harzburger Bündnis gegen Rechts um Stefan Scheele hat zur Demonstration aufgerufen. Foto: Neuendorf
Christina Baum sieht sich übrigens nicht als Rechtsextremistin, wie sie am Rande der Veranstaltung erklärte. Die Menschen, die ihr das vorwerfen würden, seien das „Ergebnis von Propaganda“, sagte sie im Saal und schürte indes Ressentiments gegen Ausländer. Die „Masseneinwanderung“, so sagte sie, verschärfe nicht nur die Probleme im Gesundheitswesen, sie führe außerdem dazu, „dass Ressourcen auf dem Wohnungsmarkt“ fehlen würden. Sie nannte Zahlen, die belegen sollten, wie hoch die Behandlungskosten für Flüchtlinge sind, und erwähnte kurz darauf Rentner, die Flaschen sammeln müssten. Ein solcher Staat verachte seine Bürger, erklärte sie. Christina Baum sprach von einer „multikulturellen Traumwelt“, in der die Demonstranten leben würden. Dabei gebe es „jeden Tag Gruppenvergewaltigungen“ und „Messerangriffe“.
„Germanisch-nordisches Multikulti“
Der AfD-Kreisvorsitzende Dennis Möhring, ein Tischlermeister aus Thale, verbreitete ähnliche Ressentiments gegen Flüchtlinge und Asylbewerber wie Baum, er holte aber weiter aus. Seine Ausführungen reichten ins Mittelalter und zu Karl dem Großen. Er sprach von Sachsen, Franken und Schwaben, die durchs Land zogen. Der Harz sei auch in früherer Zeit multikulturell gewesen. „Damit meine ich aber nicht Afghanen, Syrer, Ukrainer, Nordafrikaner und Schwarzafrikaner“, sagte er und sprach von Menschen „germanischen und nordischen Ursprungs“.
Möhring hatte sich unter anderem darüber beklagt, dass in einem Bad Harzburger Kindergarten nur noch Halal-Wurst angeboten werde, die von Tieren stamme, die nach islamischen Regeln geschlachtet werde (Bericht folgt). Das nahm auch Christina Baum später auf. Das Thema verbreitet sich derzeit in den digitalen Medien.
Die AfD-Bundestagsabgeordnete Christina Baum ist Gast im Bündheimer Schloss. Der Saal ist spärlich besetzt, rund 80 Gäste besuchen die Veranstaltung, zu der Dennis Möhring (l.), AfD-Vorsitzender aus dem Harzkreis, und Stephan Kowallis, AfD-Ratsherr in Bad Harzburg (r.) eingeladen haben. Foto: Stade
Eines von Baums Lieblingsthemen ist der Verfassungsschutz. Baum gehört neben Björn Höcke zu den AfD-Politikern, die die Behörde am häufigsten in den Berichten erwähnt, um die rechtsextreme Gesinnung der Partei zu belegen. Den Verfassungsschutz kritisierte sie als politisches Instrument, um missliebige Meinungen „im Kampf gegen die Opposition“ zu verbieten.
Ihre Bemerkung, dass der Verfassungsschutz anders heißen müsse, weil Deutschland keine Verfassung, sondern lediglich ein Grundgesetz habe, erinnerte an das Vokabular von Reichsbürgern.
„Tritt ins Kreuz“
Als „eine Art von Folter“ bezeichnete sie die Inhaftierung der ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordneten und Richterin Birgit Malsack-Winkemann. Ihr wird im sogenannten Reichsbürger-Prozess vorgeworfen, der Gruppe um Prinz Reuß angehört zu haben, die einen Putsch geplant haben soll. Sie werde wie eine Terroristin behandelt, aber es gebe keine Beweise, sagte Baum.
Der AfD-Kreisverband Goslar hatte zu der Veranstaltung im Bündheimer Schloss übrigens nicht eingeladen, er vertritt nach außen eine andere Linie. Vorsitzender Main Müller geriet aber in diesen Tagen heftig unter Druck, weil er am Mittwoch voriger Woche Björn Höcke zu sich nach Seesen eingeladen hatte. Müller bezeichnet das Treffen als rein privat, er habe sich von Höcke dessen Positionen erläutern lassen wollen, um sich selbst ein Bild von ihm zu machen.
Der niedersächsische AfD-Landesvorsitzende Ansgar Schledde, der eine andere politische Strömung als Höcke vertritt, kritisiert das Treffen indes und spricht von einem „Tritt ins Kreuz“. Es irritiere ihn, dass er nicht informiert war. Alle anderen niedersächsischen Kreisvorsitzenden hätten ihren Unmut darüber ebenfalls geäußert (Bericht folgt).
Copyright © 2025 Goslarsche Zeitung | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.