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Nächstes Jahr geht‘s zur WM

GZ Plus IconGeorg Schnieders aus Goslar wird Fußball-Bundestrainer

Die Nationalmannschaft stellt sich zum Gruppenfoto. Links steht Bundestrainer Georg Schnieders.

Georg Schnieders (l.), hier bei einem Lehrgang in Duisburg, will mit der U23-Nationalmannschaft nun bei der Weltmeisterschaft gut abschneiden. Foto: Privat

Plötzlich Bundestrainer: Der Goslarer Georg Schnieders übernimmt die U23-Nationalmannschaft im Gehörlosenfußball – und hat im nächsten Jahr ein großes Ziel.

Von Björn Gabel Mittwoch, 12.11.2025, 19:45 Uhr

Eigentlich sollte nun wirklich mal Schluss sein mit dem organisierten Fußball für Georg Schnieders. Ein bisschen selbst kicken wollte er noch mit seiner Hobbytruppe, aber Wochenende für Wochenende an der Seitenlinie zu stehen, davon hatte der 62-Jährige genug. Bis ihn dieses Angebot erreichte: Ob er sich nicht vorstellen könne, die neue U23-Nationalmannschaft im Gehörlosenfußball zu übernehmen, wurde er gefragt. „Ich habe gar nicht überlegt und sofort zugesagt“, erzählt Schnieders. Er saß damals gerade im Auto.

Und so hat Goslar plötzlich einen Bundestrainer, nachdem Schnieders das obligatorische Bewerbungsverfahren erfolgreich durchlaufen hatte. Genau genommen Hahndorf, denn dort ist er zu Hause. Das ungewöhnliche Jobangebot kam über Marco Dehne und Holger Wehlage zustande, die die Soccer-Halle in Goslar betreiben und sich schon länger im Gehörlosenfußball engagieren. Seit Anfang des Jahres sind die beiden Ex-Profis von Eintracht Braunschweig Trainer der A-Nationalmannschaft, der Schnieders nun zuliefern soll.

Goslarer Markus Keil liefert die Strategie

Und da kommt mit Markus Keil ein weiterer Goslarer ins Geschäft. Er spielt zusammen mit Schnieders bei den Barbarossa-Kickern – und ist, wie es der Zufall so will, als Gehörlosen- und Schwerhörigenlehrer am Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte in Braunschweig beschäftigt. Der 56-jährige Oberstudienrat will jetzt dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche mit Hörbeeinträchtigungen überhaupt wissen, dass es eine Nationalmannschaft gibt. Das sei nämlich noch nicht flächendeckend bekannt, sagt Keil. „Bisher waren viele Zufallstreffer dabei. Wir mussten da die Strategie verbessern.“

Das Funktionsteam der Gehörlosen-Nationalmannschaft im Gruppenbild.

Das Funktionsteam der U23-Nationalmannschaft nimmt den neuen Bundestrainer Georg Schnieders in die Mitte. Links daneben Markus Keil, der die Talentsuche in Deutschland auf eine breitere Basis stellen will. Foto: Privat

Gesagt, getan. Inzwischen hat er die rund 70 Schulen für Hörgeschädigte, die es in Deutschland gibt, angeschrieben und auf das Angebot aufmerksam gemacht. So soll möglichst kein Talent mehr durch das Raster fallen.

Trainer schwärmt vom Niveau

Dabei sei das Niveau bisher schon mehr als ordentlich, sagt Schnieders. Er hatte sein Team erstmals im Oktober bei einem viertägigen Lehrgang in der Fußballschule in Duisburg-Wedau zusammen und war nicht nur von den örtlichen Begebenheiten und einem Besuch eines Drittligaspiels des MSV angetan. Die Arbeit mit den Jungs mache einfach Spaß. „Da sind 16-Jährige dabei, die könnte ich in jeder Bezirksligamannschaft aufbieten“, sagt der Neu-Bundestrainer. Oder etwas salopper formuliert: „Das ist ein Niveau, auf dem man selten eine Banane dabei hat.“

Schnieders stammt aus dem Emsland, ist nur ein paar Hundert Meter vom Stadion des SV Meppen aufgewachsen. „Da gab es nicht viel anderes als Fußball“, sagt er. Beim SVM durchlief er alle Amateurmannschaften, bevor es aus beruflichen Gründen in den Süden ging. In München und Landshut arbeitete er in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, brachte unter anderem ein Fachbuch heraus, bis es ihn vor gut zwei Jahrzehnten in den Nordharz verschlug. Durch Zufall kam er mit der Privatklinik Dr. Fontheim in Liebenburg in Kontakt, die einen Pflegedirektor suchte – und ihn schon im Bewerbungsgespräch nicht mehr von der Angel lassen wollte, wie er erzählt.

Der Fußball wiederum lässt Schnieders nicht vom Haken. Seine vermeintlich letzte Station als Trainer waren die Landesliga-Frauen der SG RSV/Sickte, mit denen er auch bei vielen Hallenturnieren Erfolg hatte, damit allerdings zum Leidwesen seiner Frau an noch mehr Wochenenden unterwegs war. Daher der geplante Schlussstrich.

Was kommt jetzt auf ihn zu?

Die Wochenenden sind als Bundestrainer nun weniger geblockt, aber an Arbeit mangelte es nicht. Schnieders musste beim Fußballkreis Nordharz seine C-Lizenz auffrischen, obwohl das Nationalteam über den Deutschen Gehörlosen-Sportverband (DGSV) organisiert ist. Das aber war ein Kinderspiel im Vergleich zu dem, was jetzt auf ihn zukommt. Er lernt inzwischen online die Gebärdensprache, von der er bisher so gar keine Ahnung hatte.

Und dann ist da noch das große Ziel: Im kommenden 2026 steigt die U23-WM. Die hätte Schnieders eigentlich eine Reise nach Thailand eingebracht, wegen der dort herrschenden politischen Instabilität wurden die Titelkämpfe aber kurzerhand nach Serbien verlegt. „Bis dahin müssen wir eine schlagkräftige Truppe zusammenzustellen“, sagt er. Gelingt das, dann hat Goslar vielleicht künftig sogar einen Weltmeistertrainer.

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