Ernährungsalternativen aus dem Nordharz

Kreislandwirt Christian Scherb auf einem seiner Erbsen-Felder bei Bredelem. Im Moment gedeiht die proteinhaltige Pflanze recht gut. Foto: Holger Neddermeier
Naturschutz ist längst auch in der regionalen Landwirtschaft ein Thema. Neben dem Erbsenfeld als Anbaufläche für pflanzliche Proteine zur Ernährungssicherung auch in Deutschland hat Christian Scherb jetzt noch einen weiteren Insektenwall angelegt.
Bredelem. Kreislandwirt Christian Scherb aus Bredelem zeigt sich aktuell guten Mutes, was die zu erwartende Ernte in diesem Jahr anbelangt. Nach den frostigen Wochen im März ist der Wechsel von trockener und feuchter Witterung bisher für die Vegetation recht gut. Die Felder und Aussaaten im Nordharz haben sich gut entwickelt. Wenn nicht noch Starkregenereignisse und Stürme den Sommer heimsuchen, dann könnte es eine gute Ernte werden. Noch ist das aber eher Kaffeesatzlesen.
Leguminosen gefragt
Beim Gang durch eines seiner Erbsenfelder legt Scherb ein zufriedenes Lächeln auf. Die grünen Feldfrüchte entwickeln sich derzeit prächtig. Und Scherb setzt bereits seit drei Jahren auch zu einem kleinen Teil auf den Erbsenanbau. Heimische Leguminosen, sprich Hülsenfrüchte oder auch Eiweißpflanzen, sind in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden. Proteine oder auch Eiweiße genannt, sind schließlich die Bausteine des Lebens. Der Anteil der Hülsenfrüchte an der gesamten Ackerflächen in Deutschland von rund 11,6 Millionen Hektar beträgt mittlerweile rund 2,5 Prozent. Das entspricht bundesweit 2022 rund 288.000 Hektar, eine Fläche etwa so groß wie das Saarland. Gut 33 Prozent der Ernte fließen in die menschliche Ernährung, knapp 67 Prozent werden für die Tierfütterung verwendet. Seine Ernte bietet Scherb meist über Ebay-Kleinanzeigen an. Doch bald könnte ein Großabnehmer dazukommen. Denn die Nordzucker AG hat einen konkreten Plan, was die Hülsenfrüchte anbelangt und plant den Einstieg in die Produktion pflanzenbasierter Proteine.
Nordzucker mit großen Plänen
Mehr als 100 Millionen Euro will Europas zweitgrößter Zuckerhersteller in die Produktion von pflanzenbasierten Proteinen investieren. Aus gelben Erbsen will das Unternehmen Proteine für die Weiterverarbeitung von Lebens- und Futtermitteln gewinnen, hieß es im vergangenen November in einer Presseerklärung. Ein neues Werk in Niedersachsen bei Hannover und rund 60 zusätzliche Jobs seien mit der Erweiterung verbunden, hatte der Konzern aus Braunschweig gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) verlauten lassen. „Pflanzenbasierte Ernährung wird in der Zukunft eine immer größere Rolle spielen.
Nordzuckers Geschäftsbereich Plant Based Ingredients plane ab 2026 die Produktion von pflanzenbasierten Proteinen für die Weiterverarbeitung in der Lebensmittel- und Futtermittelherstellung zu starten, bestätigte Konzernsprecherin Nicole Dinter noch einmal auf GZ-Nachfrage. „Die dafür benötigten gelben Körnererbsen sollen bereits 2025 angebaut werden“, so Dinter. Die gelbe Körnererbse sei eine Feldfrucht, die insbesondere mit ihrer Eigenschaft als Stickstoffsammler für die Folgekulturen in viele Fruchtfolgen passen würde. „Im Mai lief die Registrierung von interessierten Anbauern. „Unsere Teams unterbreiten derzeit registrierten Interessenten Vertragsangebote“, bestätigt Dinter.
„Der Markt wächst schnell“, wird Vorstandschef Lars Gorissen zitiert. Das weiß auch Christian Scherb und setzt deshalb in der Fruchtfolge auf seinen Flächen verstärkt auf die gesunde Hülsenfrucht. Eiweißhaltige Leguminosen, wenn sie aus heimischen Anbau stammen, fördern nicht nur die Wertschöpfung in ländlichen Regionen, sondern bieten zahlreiche ökonomische wie ökologische Vorteile, die Umwelt, Natur und Landwirtschaft gleichermaßen nützen. „Die Symbiose mit Knöllchenbakterien an den Wurzeln der Erbsenpflanzen stellt dem Boden Nährstoffe für das Wachstum zur Verfügung“, so Scherb. Sie reduzieren als früh wachsende Bodendecker chemische Pflanzenschutzmaßnahmen, vermehren den Humus im Boden und lockern die Ackerkrume. Landwirte sparen also beim Pflügen, bei Pflanzenschutzmitteln und beim Dünger.

Naturschutz ist längst auch in der regionalen Landwirtschaft ein Thema. Neben dem Erbsenfeld hat Christian Scherb jetzt auch einen weiteren Insektenwall angelegt. Foto: Holger Neddermeier
Käfer- und Bienenfreund
Scherb hat gerade einen neuen Pflanzenwall (Beetle Bank) neben dem Erbsenfeld bei Bredelem angelegt und setzt auch hier auf den Naturschutz und ein insektenfreundliches Angebot. Nicht ganz uneigennützig, denn dafür gibt es Fördergelder. Beetle Banks sind zwei bis vier Meter breite, etwa 40 Zentimeter hohe Wälle an Ackerrändern, die mit speziellen Gras- und Pflanzenmischungen eingesät werden und mehrere, aufeinanderfolgende Wachstumsperioden bestehen sollen. „Durch die Struktur der Wälle, mit einer windabgewandten und einer windzugewandten Seite, kann sich dann ein besonders günstiges Mikroklima entwickeln, das die vermehrte Ansiedlung von Insekten fördert “, sagt Scherb. So werde auch das Nahrungsangebot für insektenfressende Vogelarten erhöht.

So sieht einer der Blühstreifen auf einer der Flächen von Christian Scherb aus. Foto: Neddermeier