Ausgerechnet bei Feuerwachen sind Brandmelder keine Pflicht
Feuerwehrleute beim Einsatz im hessischen Stadtallendorf: Der Großbrand zerstörte auch die Fahrzeughalle. Der nagelneue Stützpunkt hatte keine Brandmeldeanlage. Foto: dpa
Die Zerstörung einer Feuerwache im hessischen Stadtallendorf löst bei Brandschützern im Landkreis Alarm aus. Denn auch in Niedersachsen sind viele Feuerwachen nicht mit Brandmeldeanlagen ausgerüstet. Wie ist die Lage im Landkreis Goslar?
Goslar. Ein Feuer im mittelhessischen Stadtallendorf hat am Mittwoch einen nagelneuen Feuerwehrstützpunkt vernichtet. Menschen wurden nicht verletzt, aber der Sachschaden ist immens. Nach ersten Schätzungen sind es 20 bis 25 Millionen Euro, denn außer dem Gebäude wurden auch sämtliche Fahrzeuge zerstört.
16 Millionen Euro für Neubau, aber keine Brandmeldeanlage
Erst im Januar 2024 feierte die Feuerwehr in Stadtallendorf (knapp 22.000 Einwohner) die offizielle Eröffnung der Feuerwache. Allein der Bau kostete rund 16 Millionen Euro, wie die Oberhessische Presse damals berichtete. Allerdings waren just im nagelneuen Feuerwehrbau weder eine Brandmeldeanlage noch Videokameras installiert. So ließ der Großbrand vom Mittwoch nicht nur in Hessen, sondern auch unter Brandschützern im Landkreis Goslar aufhorchen.
In Schulen, Hotels, Kliniken sind Brandmelder vorgeschrieben
In Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern, Hotels, großen Verkaufsmärkten oder in zahlreichen Industriebauten sind Brandmeldeanlagen vorgeschrieben. Ausgerechnet für Feuerwachen gilt das aber nicht, das ist in Niedersachsen nicht anders als in Hessen. Somit sind auch im Landkreis Goslar insbesondere viele ältere Feuerwehrgebäude nicht entsprechend ausgestattet.
Gerade bei den neueren und größeren Feuerwachen im Landkreis sind die Sicherheitsstandards höher, wie eine GZ-Umfrage in Städten und Gemeinden ergibt. Hier sind Brandmeldeanlagen eingebaut – auch wenn sie gesetzlich nicht explizit vorgeschrieben sind. Bei allem Mitgefühl für die ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen in Mittelhessen herrschte deshalb auch bei den heimischen Feuerwehrchefs teils ungläubiges Staunen, dass im nagelneuen Feuerwehrstützpunkt von Stadtallendorf eine Brandmeldeanlage fehlte.

Es geht um Werte und Einsatzfähigkeit: Die Feuerwache in Goslar ist durch Brandmeldeanlage und Alarmanlage gesichert. Foto: Sebastian Sowa
Auch viele Feuerwachen im Kreis ohne Brandmeldeanlage
16 Millionen Euro für eine neue Feuerwache, dazu moderne Einsatzfahrzeuge und Geräte in der Garage, aber keine 50.000 bis 60.000 Euro für eine Brandmeldeanlage? „Für mich steht das in keinem Verhältnis“, sagt Goslars Stadtbrandinspektor Christian Hellmeier: „Die haben meines Erachtens an der falschen Ecke gespart.“
Welches Bild ergibt sich aus der GZ-Umfrage im Landkreis Goslar?
• In der Kreisstadt Goslar verfügen aktuell drei von elf Feuerwachen über eine Brandmeldeanlage – in der Kernstadt Goslar, Immenrode und Wiedelah.
• Auch die Feuerwehrtechnische Zentrale (FTZ) der Kreisfeuerwehr in Goslar ist mit einer Brandmeldeanlage ausgerüstet, sagt Kreissprecherin Marieke Düber.
• In der Stadt Bad Harzburg sind die neuen Feuerwehrhäuser in Harzburg und Bündheim mit Brandmeldeanlagen ausgestattet.
• In der Stadt Braunlage haben die neuen Feuerwachen in Braunlage und St. Andreasberg eine Brandmeldeanlage, in Hohegeiß gibt es Rauchmelder.
• In der Stadt Clausthal-Zellerfeld ist laut Ortsbrandmeister Sven Küster von den fünf Feuerwachen die Schwerpunktwehr in Clausthal-Zellerfeld mit einer Brandmeldeanlage ausgerüstet, Altenau, Wildemann, Buntenbock und Schulenberg somit nicht.
• In der Stadt Langelsheim verfügt der vor zehn Jahren errichtete Neubau in Langelsheim über eine Brandmeldeanlage, die anderen elf Feuerwachen nicht, erklärt Stadtbrandmeister Matthias Brunke.
• In der Gemeinde Liebenburg mit ihren acht Feuerwachen ist das Gebäude in Othfresen mit funkvernetzten Rauchmeldern ausgerüstet. Für den in Liebenburg geplanten Neubau sei eine Brandmeldeanlage zumindest „auf dem Schirm“, erklärt Gemeindebrandmeister Christoph Schubert.
• In der Stadt Seesen soll die für rund 20 Millionen Euro geplante neue Feuerwache mit einer Brandmeldeanlage ausgerüstet werden, schildert Stadtbrandmeister Jürgen Warnecke. Für die anderen Häuser gebe es eine Lösung mit funkvernetzten Rauchmeldern.
Brandmelder schützen auch Einsatzfähigkeit der Feuerwehr
Die Anforderungen für die Zukunft sind aus Sicht der heimischen Feuerwehrchefs klar: Brandmeldetechnik für die Feuerwachen muss möglichst ausgeweitet werden, wie Christian Hellmeier deutlich macht. „Ich habe das für alle elf Feuerwachen Brandmeldeanlagen gefordert“, sagt der Goslarer Stadtbrandmeister. Zumal bei den Feuerwehren auch immer mehr Akkus und Ladegeräte im Einsatz sind, was die Brandgefahr erhöht. So wird in Stadtallendorf derzeit spekuliert, dass ein überhitzter Akku das Unglück ausgelöst haben könnte.
Auch in Langelsheim seien Brandmeldeanlagen generell für alle Feuerwehrhäuser bei der Stadt angemeldet, erklärt Matthias Brunke – bislang aber nicht umgesetzt. Brandmeldeanlagen können dabei nicht nur Leben retten, sie dienen zugleich dem Schutz von Einrichtung, Vermögenswerten und Einsatzfähigkeit, wie Hellmeier verdeutlicht: Allein die Bestellzeit für ein neues Feuerwehrfahrzeug betrage bis zu drei Jahre. Wenn, wie in Stadtallendorf, ein Feuerwehrstützpunkt samt Autos und Geräten komplett vernichtet werde, „liegt der Brandschutz für viele Jahre lahm“, unterstreicht Hellmeier – mit allen Konsequenzen für die Sicherheit der Bevölkerung.
DIN-Normen sind nur Mindeststandards
In der kommunalpolitischen Realität fehlt es mitunter nicht nur an Geld, sondern auch an Einsicht. „Wir sind Fachleute, werden als Fachleute bestellt, tragen die volle Verantwortung und sitzen bei sämtlichen öffentlichen Bauten mit am Tisch“, macht Jürgen Warnecke klar. „Doch dann kommt oft der Rotstift“, fügt der Seesener Stadtbrandmeister an. Die DIN-Norm für Gebäude sei aber nur „das Mindeste, was erforderlich ist“.
Als Beispiel nennt er Planungen für die neue Feuerwache in Seesen: Stellplätze von Feuerwehrfahrzeugen müssen nach DIN-Norm mindestens 4,50 Meter breit sein. Moderne Feuerwehrautos seien jedoch schon 2,50 Meter breit, die offenen Türen jeweils einen Meter. Das ergibt bereits 4,50 Meter. Als Klemmschutz seien eigentlich zu beiden Seiten nochmals 50 Zentimeter erforderlich. „Wir haben uns jetzt nach langer Diskussion auf 4,80 Meter geeinigt“, resümiert Warnecke.
Die Frage sei gleichermaßen, „wie viel und was die Kommunen bezahlen können“, sagt Christoph Schubert. Bei wachsenden Aufgaben und Anforderungen sieht der Liebenburger Gemeindebrandmeister auch Bund und Land stärker in der Pflicht, den Kommunen unter die Arme zu greifen.