Electrocycling kein Einzelfall: Entsorgungsbranche schlägt Alarm
Brand auf dem Gelände eines Recyclingebetriebs. Beinahe täglich verzeichnet der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft solche Feuer. Ihre Anzahl steige bedrohlich, heißt es. Foto: Remondis
Die vielen Brände bei Electrocycling in Harlingerode sind nicht das Problem eines einzelnen Unternehmens. Wegen der bundesweit steigenden Anzahl von Feuern in Betrieben der Recyclingwirtschaft schlagen ihre Verbände Alarm.
Goslar/Harz. Jedesmal, wenn es auf dem Gelände von Electrocycling in Harlingerode brennt, wie zuletzt am vorigen Freitagabend, folgt der Appell, Akkus und Batterien aus Elektro-Altgeräten und Handys zu entfernen, um diese getrennt zu entsorgen. Sie seien die Ursache für die vielen Feuer. Das Problem gibt es indes nicht nur im Landkreis Goslar.
Laut einer Mitteilung des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) brennt es deutschlandweit täglich auf Recycling- und Entsorgungsbetrieben. Die Anzahl steige bedrohlich. Der Verband spricht von einer „alarmierenden Situation“.
In drei Schichten
Wo liegt das Problem? Wer den Argumenten von Electrocycling folgt, kommt zu dem Schluss, dass die Elektro-Geräte unsachgemäß angeliefert werden: In zu vielen Geräten würden sich noch Akkus befinden. Das Unternehmen in Harlingerode wird von 45 Kommunen mit Recyclingschrott beliefert, und die erhalten es vom Verbraucher, berichtet ein Electrocycling-Mitarbeiter. In drei Schichten seien Beschäftigte zudem damit beschäftigt, die angelieferten Geräte zu sortieren und Akkus aus ihnen herauszuholen.
Für Geräte mit eingebauten Akku, das ist bei vielen Handys der Fall, stehen am Gelände von Electrocycling in Harlingerode außerdem drei Gitterboxen bereit, um die lithiumhaltigen Akkus und Batterien getrennt einzusammeln und möglicherweise wiederverwerten zu können.

Ein Sammelbehälter der Kreiswirtschaftsbetriebe Goslar für Elektroschrott. Foto: Kreiswirtschaftsbetriebe
Was kann der Verbraucher besser machen? Er ist verpflichtet, Altbatterien und Alt-Akkus sowie Knopfzellen an Sammelstellen abzugeben, dazu gibt es Sammelboxen im Handel. Es ist sogar verboten, Altbatterien im Hausabfall oder sonstwo zu entsorgen. Nachzulesen ist das etwa auf der Internetseite des Umweltbundesamtes. Händler sind nach dem Batteriegesetz verpflichtet, Altbatterien unentgeltlich zurückzunehmen, heißt es beim Umweltbundesamt weiter.
Das Schadstoffmobil
Es gibt weitere Möglichkeiten der Entsorgung. Zweimal pro Jahr fährt das Schadstoffmobil der Kreiswirtschaftsbetriebe (KWB) Goslar durch den Landkreis und sammelt an etwa 80 Standorten kleinere Elektrogeräte wie Telefone, Zahnbürsten, Mixer, Rasierapparate, Akkuschrauber, Taschenrechner und Handys ein. Die Termine werden in der Abfallbroschüre der KWB veröffentlicht.
Außerdem werden Altgeräte an den Entsorgungsanlagen „Im Heiligenholze“ in Harlingerode gegenüber von Electrocycling sowie in Clausthal-Zellerfeld und Bornhausen kostenlos entgegengenommen. Ohnehin sollte der Verbraucher Akkus und Batterien entfernt haben, aber auf den Entsorgungsanlagen der KWB arbeiten nach Auskunft der Kreisverwaltung zehn sogenannte Einweiser, die auch darauf achten, dass Akkus aus den abgegebenen Geräten ausgebaut sind. Bei Bedarf würden sie auch dabei helfen. In Zweifelsfällen würden Geräte in einen Extra-Behälter gelegt, in dem ausrangierte Gegenstände gesammelt werden, die sich nicht öffnen lassen, aus denen die Akkus also nicht entfernt werden können.
Keine Feuer beim Landkreis
Die KWB wollen sich zu der Frage, worin sie die Ursache für die häufigen Brände auf dem Electrocycling-Gelände sehen, nicht äußern. In den Entsorgungsbetrieben des Landkreises gibt es die Probleme wie bei Elektrocycling offenbar nicht. Geräte, die aus den eigenen Betrieben stammen, würden Mitarbeiter von Electrocycling regelmäßig überprüfen. Beanstandungen habe es noch nicht gegeben, teilt der Landkreis mit. Auf den Grundstücken der KWB-Entsorgungsanlagen habe es zudem noch keine Brände gegeben. Die KWB würden indes auch nur kleine Mengen liefern, diese würden noch nicht einmal zwei Prozent der Kapazität von Electrocycling ausmachen.
Auf die Frage, wo die KWB Verbesserungsbedarf sehen, damit es nicht zu Bränden wie bei Electrocycling kommt, heißt es, schon bei der Produktion sollten Hersteller darauf achten, dass Altbatterien und Akkus vom Verbraucher aus den Geräten entfernt werden können.

Für Geräte mit fest verbauten Akkus stehen bei den Entsorgungsbetrieben im Landkreis Goslar Extra-Körbe aus Stahlgitter bereit. Foto: Kreiswirtschaftsbetriebe
Dass alte Batterien und Akkus im Wortsinne brandgefährlich sind, ist überall nachzulesen, auch im Abfallkalender der KWB.
Im privaten Gebrauch liegt das Problem oft daran, dass sich beschädigte Batterien entzünden, auch große Hitze wird als eine Ursache genannt. Als weitere gilt die komplette Entladung, sie könne die Zellen schädigen und eine Selbstentzündung verursachen, heißt es auf der Internetseite „sicherheitsingenieur.nrw.de.
Ein Protestbrief
Auf Entsorgungsanlagen gibt es andere Gründe. „Brandursache auf Deponien sind meist illegal entsorgte Elektrogeräte mit verbauten Lithium-Ionen-Akkus. Im Müllpresswagen oder bei der Vorsortierung der Abfälle mit dem Greifbagger brechen die Akkus. Die Chemikalien reagieren und entzünden sich in rasender Geschwindigkeit“, berichtet der BDE in einer Mitteilung aus der vorigen Woche.
Zusammen mit anderen Organisationen hat der BDE ein Forderungspapier ans Umweltministerium geleitet. Die Verbände sprechen sich für ein Batteriepfand aus, für einen Fonds, um Betriebe bei Bränden finanziell abzusichern, für ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten und eine Kennzeichnungspflicht für Batterien. Bisher aber seien alle Appelle „unbeachtet“ geblieben, erklärt BDE-Präsidentin Anja Siegesmund in einem Statement. Die Brände seien nicht nur eine Gefahr für die Betriebe und die Einsatzkräfte der Feuerwehr, sondern wegen des Brandrauchs auch für Anwohner und Umwelt ein Problem.