MOMENT MAL: Die Kröten-Schlucker und See-Freunde am Energie-Campus
Goslar. Über finanzielle Kröten, die es für viele Goslarer Ratsherren in der vergangenen Sitzung zu schlucken galt, schreibt GZ-Redakteur Frank Heine.
Für nur 0,99 € alle Artikel auf goslarsche.de lesen
und im ersten Monat 9,00 € sparen!
Jetzt sichern!
Heller, moderner, größer – und das alles für einen Rat, der sich vor gar nicht allzu langer Zeit erst selbst kleiner gemacht hat: Im neuen Sitzungsraum mit dem unvermeidlichen Marketing-Monsternamen „GoTEC“, was abgekürzt für „Goslar Tagung auf dem Energie-Campus“ steht, fühlte sich das Gremium nach Jahren der Duldung im Kreishaus – auch ein Rat hat eben manchmal Migrationshintergrund – am Dienstagabend sichtlich wohl.
Drei Stunden lang dauerte das öffentliche Programm, das durchaus Bedeutung für die weitere Entwicklung der Stadt hatte. Was aber noch lange nicht heißen mag, dass in der ehemaligen Bundesgrenzschutz-Kantine nicht auch andere Schmankerl auf den Teller kamen. Am politischen Speiseplan ließe sich freilich arbeiten. „Kröte“ hatten nicht wenige der wortgewaltigen Streiter für die eine oder die andere Sache bestellt. Und mit Kauen hielt sich auch niemand auf. Solch ein glibberiges Amphibien-Weichtier muss am besten in einem Stück runter und geschluckt werden.
Ratsvorsitzender Eckhard Wagner band sich als Erster die Serviette um und nahm seinen Happs als Immenröder Ortsvorsteher, der Appetit auf ein neues, aber teures Feuerwehrhaus hat. Dem Nachwuchs, der dereinst die Kindertagesstätte im früheren Fliegerhorst besucht, seien phantasievollere Köche gewünscht. Ob nun Sabine Seifarth von den Grünen oder Stephan Kahl von der FDP: Die Kröten-Schlucker waren parteipolitisch verteilt, wenn finanziell wie bei der Kita draufgesattelt werden musste. Detlef Vollheyde (Bürgerliste) wollte „beim Kröten-Essen“ ebenfalls mitmischen. Der Linke Rüdiger Wohltmann sorgte sich irgendwann um sein späteres Abendessen bei so viel Geschlucke. Als sich auch noch der doppelte Holger mit den Nachnamen Plaschke und Fenker zu Wort gemeldet hatte, war die komplette Grünen-Fraktion in den Genuss ihres Teichtier-Menüs gekommen. Wobei sich der Kreisjugendpfleger aus Immenrode auch gleich Gedanken um die Verdauung machte und ein „goldenes Ende“ am Hinterausgang prophezeite – ein echtes Farbenwunder.
Dieter Freesemann als letzter Standort-Chef der Bundespolizisten dürfte an gleicher Stätte sicherlich einst besser gegessen haben. Die Uniform hat er längst ausgezogen und sich in den Mantel der Kultur gehüllt. Als aufmerksamer Gast im Publikum lauschte der Initiativen-Vorkämpfer vor allem den wortreichen Ausführungen zu Pfalzquartier-Halle und Kulturmarktplatz.
Aber wo es um viele Millionen geht, dürfen auch Scharmützel auf vermeintlich kleineren Schlachtfeldern nicht fehlen. Für Rundweg-Reparaturen am Vienenburger See etwa geht Christdemokrat Michael Deike schon einmal ans neue Rednerpult und zählt Erbsen – pardon: Unterlassungssünden der Vergangenheit auf. Was automatisch den Auftritt von Ortsvorsteher Martin Mahnkopf nach sich zieht, der sich als bauchfreier Bürgermeister gab: „Das Hemd ist mir kürzer als die Hose.“ Aber hatten nicht schon beim Kröten-Schlucken auffällig viele Alt-Vienenburger in den Suppen-Topf gefasst? Der alte Jerstedter Christian Rehse, seit 44 Jahren im Goslarer Rat, nahm das Risiko auf sich, „gleich eine Wasserflasche an den Kopf zu bekommen“.
Er mahnte das Harly-Duo trotzdem, „nach 30 Jahren Nix-Tun“ als See-Seher auf dem Teppich zu bleiben. Ein schöner Rat eigentlich an die gesamte Politik, aber ein solcher Bleibe-Teppich fehlt leider im neuen „GoTEC“...