Die Schulen sind im Normalbetrieb angekommen und auch die Clubs haben wieder geöffnet. Die Aufhebung der Corona-Maßnahmen geben besonders den Jugendlichen wieder ihre Freiheiten zurück. Abends mit Freunden weggehen, sich in großen Gruppen treffen und dabei vielleicht mal einen zu viel über den Durst trinken.
Die Mitarbeiterin der Suchtprävention im Lukas-Werk, Anna-Lena Maier-Niehoff freut sich darüber, dass es endlich wieder mehr Möglichkeiten für die Freizeitgestaltung von Jugendlichen gibt, allerdings sieht sie als Sozialarbeiterin auch einige Gefahren und klärt über den richtigen Umgang mit Alkohol auf. Welche Dinge es beim Feiern unbedingt zu beachten gilt, und welche Tricks es gibt, um keinem Alkoholrausch mit schweren Konsequenzen und Erinnerungsverlust zu verfallen. Was genau passiert, wenn es unter Alkoholeinfluss zu Unfällen oder Schlägereien kommt, und warum übermäßiger Medienkonsum mindestens genauso problematisch ist, erklärt die studierte Sozialarbeiterin.
Bevor Jugendliche das Lukas-Werk bei Maier-Niehoff besuchen, kam es in der Regel zu einem unschönen Vorfall mit oder durch Alkohol. Es geht dabei nicht unbedingt um eine Abhängigkeit, sondern um Probleme, die durch den Konsum entstanden sind. Wenn man nicht mehr weiß, was und wie viel am Abend getrunken wurde, ist das ein Zeichen eines problematischen Umgangs mit dem Rauschmittel. Sollte es beispielsweise dazu kommen, dass jemand betrunken gegen einen Zaun fährt, wird ein Kontakt zum Lukas-Werk hergestellt. In dem Programm „drinkless“ folgen dann intensive Gespräche, wie es zu dem Unfall gekommen ist, warum so viel getrunken wurde und ob sich im Schul- oder Privatleben etwas verändert hat. Diese Gespräche sind nicht mit einer Therapie gleichzustellen. Sie dienen nämlich dazu, dass es nie zu einer Therapie kommen muss.
Während den harten Lockdowns und den Kontaktbeschränkungen sind die Zahlen der Vorfälle in Verbindung mit Alkohol gesunken, berichtet Maier-Niehoff. Das liegt allerdings nicht daran, dass weniger oder bewusster konsumiert wurde, sondern daran, dass alles nach Hause, in die eigenen vier Wände verlagert wurde. So bekamen Außenstehende wenig bis gar nichts mit. Nur besonders harte Fälle wurden bekannt. Seit den Öffnungen von Clubs und Bars sind die Zahlen von Jugendlichen mit Alkoholproblemen wieder gestiegen. Schulen, Freunde, Verwandte oder auch nur Bekannte bekamen nämlich wieder mehr mit.
Der Hauptgrund, weswegen Jugendliche in der Corona-Pandemie angefangen haben vermehrt Alkohol zu trinken, ist laut der Sozialarbeiterin, dass durch den Stillstand, die individuellen Aufgaben und Verantwortung für viele Dinge im Alltag wegfielen. Sie sind in ein Loch gefallen.
Das Lukas-Werk in Goslar hilft jedem und jeder, der diese Hilfe möchte. Foto: Otte
Alkohol gehört für viele Menschen zum Leben dazu. Der Sekt zum Anstoßen oder das Feierabendbier. Jugendliche kommen laut Maier-Niehoff viel zu früh mit dem Konsum in Kontakt. Bei den meisten ist der Startstuss die Jugendweihe oder die Konfirmation. Diese Events sind bei vielen der Beginn zum gesellschaftlich anerkannten trinken. Dabei sind die meisten Jugendlichen zu diesem Zeitpunkt erst 14 Jahre alt. Bier, Sekt und Wein sind jedoch erst ab 16 Jahren offiziell erlaubt. Sie bescheibt diese gesellschaftlichen Gepflogenheiten als eine „verrückte Trinkkultur“ in Deutschland.
Für den nächsten Clubbesuch oder die nächste Party hat Maier-Niehoff einige Tipps: Zum einen sollte sich jeder darüber im Klaren sein, dass Alkohol erst nach rund30 bis 45 Minuten wirkt. Wer in dieser Zeit sehr viel trinkt, wird die komplette Wirkung womöglich erst spüren, wenn es schon zu spät ist. Außerdem kann darauf geachtet werden, dass immer ausreichend Wasser nebenbei getrunken wird. Dies wird dem Körper beim Alkoholkonsum nämlich entzogen. Dadurch wird man nicht nur schneller betrunken, es kann sich auch ein ordentlicher Kater am nächsten Morgen entwickeln.
Da viele nicht unbedingt dort wohnen, wo gefeiert wird, stellt sich oft die Frage: Wie komme ich jetzt nach Hause? Manche denken es würde reichen, wenn sie ein paar Stunden im Auto schlafen und dann können sie wieder selbst fahren. Das ist jedoch ein schwerwiegender Fehler. Den Restalkohol merken viele Jugendliche nicht, dennoch kann der Wert ganz schön hoch sein. Besser ist es daher, sich immer im Vorfeld zu überlegen, wie man von der Party weg kommt.
Und um nicht mehrere Hundert Euro an einem Abend auszugeben und eine Kontrolle über die Alkoholmenge zu haben, sollte nicht zu viel Geld mitgenommen werden. Notfallgeld für ein Taxi macht sich laut Maier-Niehoff allerdings immer gut.
Viele merken die Menge an Alkohol erst, wenn es zu spät ist. Foto: Unsplash
Auch der Medienkonsum hat sich in der Pandemie verändert. Laut der Suchtberaterin sind Spiele, in denen die Jugendlichen in einer anderen vermeintlich „besseren“ Welt leben, besonders beliebt. Einige Eltern berichten gegenüber dem Lukas-Werk, dass sie ihre Kinder morgens teilweise nicht mehr wach bekommen, da sie die ganze Nacht durchgespielt haben.
Das Problem bei krankhaftem Medienkonsum ist laut Maier-Niehoff, dass dieser nicht wie Alkohol einfach weggelassen werden kann. Das Leben ist voll von Medien und diese werden zum Großteil im Leben gebraucht. Ob es der Laptop für die Schule oder nur das Handy ist. Ein kompletter Verzicht ist heutzutage fast unmöglich. Daher ist der richtige Umgang extrem wichtig. Laut der Sozialarbeiterin sollten Kinder bereits in der Grundschule dafür sensibilisiert werden und die Schulen bräuchten Fächer, die sich speziell mit der Mediennutzung und -kompetenz beschäftigen.