Lensa-App in der Kritik
Donnerstag, 22.12.2022 , 14:00 Uhr

Von künstlicher Intelligenz: Wie gefährlich sind diese Selfies

Die Kritik wird lauter: Mit der Lensa-App werden Selfies bearbeitet und heraus kommen personalisierte Anime-Charaktere, Feen oder gemalte Porträtbilder. Der Stil ist allerdings von echten Künstlern geklaut - auch die Makellosigkeit ist auffällig.

Auch die Fitness-Influencerin Sophia Thiel hat die Lensa-App ausprobiert.

Die „Green Glass Door“-Challenge, lustige Stimmverzerrer und eine App, die mit künstlicher Intelligenz Selfies in vermeintliche Kunstwerke verwandelt. TikTok ist eine der beliebtesten Social-Media-Plattformen. So schnell Trends dort viral gehen, so schnell verschwinden sie auch wieder. Schauen wir uns also einmal die TikTok-Trends im Dezember an.

Spiel mit Streitpotenzial

Die sogenannte „Green Glass Door“-Challenge hat viele TikToker zur Verzweiflung gebracht.

Aber worum geht es dabei? Bei dieser Challenge sitzt man zu zweit vor der Kamera. Beide müssen nun sagen, was sie mit durch die „Green Glass Door“ nehmen würden. Einer von beiden muss die Auflösung natürlich kennen, und der andere ist ahnungslos. Dann beginnt auch schon relativ schnell die Frustration, welche meist sehr lustig und überspitzt dargestellt wird. Kissen, Löffel, Schnee oder auch eine Pizza dürfen mitgenommen werden. Eine Freundin, Brot, Decke oder ein Weihnachtsbaum sind aber verboten. Woran erkennt man denn aber nun, was mitgenommen werden darf und was nicht? Der Name der Challenge gibt tatsächlich schon den ersten Hinweis – auch wenn es absolut nichts mit einer grünen Glastür zu tun hat. Zugegeben ist der Hinweis der Spielregel bei der deutschen Übersetzung auch nicht gegeben, deswegen bleibt es bei der „Green Glass Door“-Challenge. Es dürfen nämlich nur Dinge oder Gegenstände mitgenommen werden, die zwei gleiche aufeinanderfolgende Buchstaben im Wort haben. Wenn sich jetzt noch mal die oben genannten Begriffe angeschaut werden, ergibt alles Sinn. Unzählige TikToker haben diese Challenge bereits gemacht, und manche sind immer noch ahnungslos, was denn jetzt durch die „Green Glass Door“ mitdarf.

Geklaut von Künstlern

Die Lensa-App spaltet gerade das Netz. Mithilfe von künstlicher Intelligenz können Bilder in die App eingefügt werden und herauskommen wahre Meisterwerke, feenhafte Gestalten oder auch angepasste Anime-Charktere. Mithilfe eines trainierten Algorithmus und künstlicher Intelligenz schafft es die App, mit nur ein paar Bildern die Gesichter der Menschen zu analysieren und sie als Krieger und Kriegerinnen, Comic-Figuren oder als gemaltes Kunstwerk darzustellen. Auch wenn es für viele nur ein Spaß ist, seine Selfies durch die App laufen zu lassen, sollte Lensa kritisch betrachtet werden – sie birgt nämlich einige Gefahren. Problem Nummer eins beginnt schon bei dem Algorithmus.

Ein Teenager tippt auf das Icon TikTok-App auf einem Smartphone. Foto: dpa/ Murat

Damit die App aus normalen Porträtbildern diese Kunstwerke macht, muss sie im Vorfeld natürlich erst mal programmiert und „trainiert“ werden. Dafür sollen die Entwickler und Entwicklerinnen frei zugängliche Beispielbilder aus dem Internet verwendet haben, allerdings ohne die Einwilligung der Urheberinnen und Urheber. So werden zwar nicht eins zu eins die Bilder der Künstler geklaut, jedoch werden die Stile kopiert. Dies kann sich negativ auf den Wert der verschiedenen Arbeiten auswirken.

Unrealistische Ideale

Ein weiteres Problem ist die sexistische Darstellung der durch die Lensa-App gelaufenen Bilder. Sowohl Experten als auch Nutzer kritisieren, dass die durch die künstliche Intelligenz erstellten Avatare oft sehr leicht bekleidet sind, die Brüste von Frauen sind überproportional groß und auch der Körper wird schlanker gemacht.

Auch die Fitness-Influencerin Sophia Thiel hat die Lensa-App ausprobiert. Auffällig  ist das weit ausgeschnittene Dekolleté.

Die Menschenrechtlerin Brandee Barker schreibt bei Twitter: „Geht es nur mir so oder festigen diese KI-Selfie-Generatoren bestehende Frauenfeindlichkeit?“ Sie habe selbst Bilder hochgeladen, auf denen nur ihr Gesicht zu erkennen ist. Ausgespuckt habe die App dann aber noch ein wenig mehr: Porträts und Avatare, die viel Dekolleté zeigen.

Neben viel nackter Haut fällt auch die Makellosigkeit der künstlich hergestellten Bilder auf. Kein Gramm Fett zu viel, straffe Haut, große Augen, eine kleine Stupsnase und kein Doppelkinn, soweit das Auge reicht. Es werden unrealistische und veraltete Schönheitsideale abgebildet, durch die viele Menschen getriggert werden könnten.

Zu einem wirklich großen Problem wird die App, wenn man die Kontrolle über seine Bilder verliert. Das Tech-Magazin „TechCrunch“ berichtet nämlich, dass mit den Bildern und Daten der User sehr realistische Pornos erstellt werden können. Hinter Lensa steckt die Firma Prisma Labs. Sie seien laut eigenen Angaben bereits dabei, Maßnahmen gegen die Erstellung von pornografischen Inhalten zu entwickeln.


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