Die Goslarer Frauenärztin Concetta D’Errico spricht nicht nur über alternative und hormonfreie Verhütungsmethoden, sondern auch darüber, warum die Anti-Baby-Pille in ihrem Patientinnenkreis immer unbeliebter wird und was die Unterschiede zwischen chemischer, mechanischer und natürlicher Verhütung sind.
Dr. med. Concetta D’Errico. Foto: GZ-Archiv
Viele junge Frauen möchten eine Alternative zur Anti-Baby-Pille. Foto: picture alliance / dpa/Carsten Rehder
Wenn über hormonfreie Verhütung nachgedacht wird, ist die Frage nach der Sicherheit eine ganz entscheidende. Um sich zu orientieren, gibt es den sogenannten Pearl-Index. Dies ist ein Beurteilungsmaß der verschiedenen Verhütungsmethoden. Dieser funktioniert nach dem Schema, je kleiner der Pearl-Index, desto sicherer ist die Methode. Wenn beispielsweise 100 Frauen ein Jahr lang die gleiche Verhütungsmethode benutzen und drei Frauen in diesem Zeitraum schwanger werden, beträgt der Pearl-Index drei. Wenn 1000 Frauen über den gleichen Zeitraum ein und dieselbe Methode benutzen und eine Frau schwanger wird, beträgt der Index 0,1.
Drei Beispiele: Die Pille hat laut Pro Familia einen Pearl-Index von 0,1 bis 0,9. Eine hormonfreie Variante wie die Kupferspirale hat einen Wert von 0,16 und das Kondom liegt bei zwei bis zwölf. Diese drei gängigen Verhütungsmittel haben einen recht niedrigen Wert auf der Pearl-Skala. Dies sind aber bei weitem nicht alle Verhütungsmethoden. Unterschieden wird zwischen den bereits genannten mechanischen, chemischen und natürlichen Varianten.
Zu dieser Methode gehören zum Beispiel Spermizid-Cremes. Diese werden in der Regel zusammen mit einem mechanischen Verhütungsmittel verwendet – oft mit dem Diaphragma. Bei alleiniger Anwendung haben diese Cremes laut D‘Errico einen Pearl-Index von drei bis 21. Bedeutet: bis zu 21 von 100 Frauen können schwanger werden, wenn sie „nur“ eine Spermizidcreme zur Verhütung benutzen. „Das ist keine gute Verhütungsmethode,“ so die Goslarer Frauenärztin.
Zu den chemischen Methoden zählt D‘Errico auch die Kupferkette und die Kupferspirale, da die darin enthaltenen Kupferionen eine negative Wirkung auf die Spermien und den Zervixschleim haben. Dies verhindert eine Einnistung der Spermien in der Eizelle, aber hauptsächlich „werden die Spermien geschädigt“, sagt die Gynäkologin. Daher verbucht sie diese Methode bei den chemischen Verhütungsmitteln.
Bei der mechanischen Verhütung werden Hilfsmittel gegen eine Befruchtung verwendet. Das kann das eben schon erwähnte Kondom sein, oder auch Dinge die in die Vagina eingesetzt werden. Wie zum Beispiel das sogenannte Frauenkondom. Dazu gehören zwei Ringe. Der eine wird in die Vagina eingeführt und der andere liegt extern auf den Schamlippen auf. Wie das altbekannte Kondom ist auch das Frauenkondom ein Einmalprodukt. Jedoch gibt es dabei erhebliche Kostenunterschiede. Das Frauenkondom kann pro Stück nämlich bis zu vier Euro kosten. Daher ist es laut D’Errico nicht unbedingt für die konstante Verhütung geeignet, sondern nur „für den Fall der Fälle.“ Jedoch betreut sie keine Patientin, die dieses Kondom benutzt. Hierbei liegt der Pearl-Index zwischen fünf und 25. Beide Arten von Kondomen schützen parallel dazu vor sexuell übertragbaren Krankheiten. Eine weitere mechanische Verhütungsmethode ist das bereits erwähnte Diaphragma. Dies wird meist in Verwendung mit der Spermizidcreme verwendet. Es besteht aus einem Drahtring mit einer Latexmembran und muss vor dem Geschlechtsverkehr eingeführt werden. Allerdings kommt es bei der Anwendung auch auf eine gewisse Routine und Körperkenntnis an. „Wenn man sich gerade kennengelernt hat, ist es wahrscheinlich nicht das Richtige,“ so D‘Errico. Sie selbst ist kein großer Freund dieser Methode. Zum einen, da es dem Akt eine gewisse Spontanität nimmt, und zum anderen hat die Sicherheit bei dieser Variante sehr viel damit zu tun, wie das Diaphragma sitzt. Daher „sollte es nicht einfach verwendet, sondern erstmalig vom Frauenarzt angepasst werden“, so die Gynäkologin. Der Pearl-Index liegt beim Diaphragma in Kombination mit der Spermizidsalbe zwischen eins und 20.
Zu den natürlichen Verhütungsmethoden gehört der Koitus Interruptus. Sprich der Samenerguss erfolgt nicht in der Frau. Auch das ist eine Verhütungsmethode, jedoch laut D’Errico keine sichere, da bereits vor dem Orgasmus Spermien austreten können. Außerdem bedarf es dabei einer Menge Selbstkontrolle des Mannes, welche nicht immer gegeben ist und so auch „eine Gefahr für die Frau darstellen kann“, sagt D‘Errico. Hierbei liegt der Pearl-Index zwischen vier und 18.
Die sogenannte symptothermale Verhütungsmethode ist bei vielen Patientinnen von Concetta D‘Errico gerade stark nachgefragt.
Diese natürliche Verhütungsmethode ist laut der Gynäkologin allerdings nur für Frauen mit einem geregelten Tagesablauf und einem festen Partner geeignet, da dabei vieles zu beachten ist. Hierbei liegt der Pearl-Index zwischen 0,2 und 0,5. Sie beschreibt es als valide Methode und eine gute Alternative zur Pille, wenn es richtig durchgeführt wird. Bei dieser Methode werden verschiedene Variablen überprüft, um zu sehen, wann die Frau ihre fruchtbaren Tage hat und besser mit Kondom oder Ähnlichem verhüten sollte. Wann der Eisprung erfolgt und wann die Chance schwanger zu werden, sehr gering ist. Dies bedarf allerdings eines gewissen Aufwands: Die Temperatur muss gemessen werden, am besten vaginal, ist aber kein Muss. Direkt nach dem Aufstehen, wenn kein Alkohol getrunken wurde und man eine ruhige Nacht hatte. Zusätzlich wird die Konsistenz des Zervixschleims überprüft. Außerdem können die Hormone mit sogenannten Zykluscomputern gemessen werden. Hierbei gilt: Je mehr Parameter man überprüft, desto sicherer ist diese Methode. Das macht die Messung laut der Gynäkologin allerdings auch sehr schwierig und ein geregeltes Leben unverzichtbar. Wenn junge Frauen oft feiern gehen und Alkohol trinken oder einen unregelmäßigen Zyklus haben, ist die symptothermale Methode nicht die Richtige.
Worauf sich laut der Frauenärztin auf keinen Fall verlassen werden sollte, sind die Zyklus-Apps. Darin kann die Periode eingetragen werden, und die App rechnet bei regelmäßigen Einträgen aus, wann die fruchtbaren und wann die unfruchtbaren Tage sind. Allerdings fehlen der App die ganzen Parameter, die bei der symptothermalen Variante nötig sind, um wirklich valide zu messen.
Wenn junge Frauen nicht mehr mit der Pille verhüten möchten, sondern eine hormonfreie Alternative bevorzugen, empfiehlt sie die Kupferspirale.
Zum einen bietet die Spirale eine hohe Sicherheit, und zum anderen ist es mit wenig Aufwand verbunden. Aber natürlich hat auch diese Methode ihre Nachteile. Es handelt sich um einen Fremdkörper, der in die Frau eingesetzt wird. Außerdem kann es zu stärkeren Menstruationsbeschwerden kommen, und auch ein erhöhtes Infektionsrisiko ist gegeben. Es ist auch möglich, dass die Kupferspirale verrutscht. Dennoch beobachtet sie in ihrem Patientinnenkreis, dass der Trend hin zur Kupferspirale oder Kupferkette geht. Sie sagt: „Es gibt keine Verhütungsmethode, die komplett unbedenklich ist.“ Dennoch hält sie es aufgrund der Sicherheit und den Verzicht auf zusätzliche Hormone für die beste Alternative zur Pille.
Es gibt Spiralen mit einer Liegedauer von drei, fünf und zehn Jahren. Die Kosten belaufen sich in der Regel auf zwischen 120 und 300 Euro. Einige Krankenkassen übernehmen sogar die Kosten. Wichtig ist bei allen Methoden, ausführlich mit dem jeweiligen Frauenarzt über die Lebenssituation und die gewünschte Verhütungsmethode zu sprechen und sich aufklären zu lassen.