Er ist, wenn man so will, die unangefochtene Nummer Zwei bei One Direction. Während Harry Styles, seines Zeichens Chefcharismatiker der zwischen 2011 und 2016 höchst erfolgreichen Boyband, mittlerweile Stadien füllt und die übrigen drei dabei sind, in Vergessenheit zu geraten, schlug der 30-jährige Louis Tomlinson mit seinem zweiten Album „Faith In The Future“ gerade erst Bruce Springsteen im Rennen um Platz eins in den britischen Charts. Er spielt kommendes Jahr auch in den ganz großen Arenen.
Musikalisch ist auf der neuen Platte für so ziemlich alle etwas dabei, Tomlinson kann epischen Pop („Bigger Than Me“), Punk-Pop („Out OfMy System“) und Party-Pop („Silver Tongues“). Wir sprachen mit dem als Fußballfan aktenkundigen Charmebolzen in Berlin.
Alles (lacht). Vergangenes Jahr bei der Europameisterschaft hätten wir schon fast gewonnen, und dieses Mal gehe ich im Hinterkopf davon aus, dass England Weltmeister wird.
Nein, schon ewig nicht mehr. Ich rauche einfach zu viele Zigaretten, um vernünftig fit zu sein. Kürzlich stand ich fünfzehn Minuten lang bei einem Benefizspiel auf dem Platz und war total platt.
Taugen die Konzerte nicht als Fitnessprogramm?
Das hatte ich ehrlich gesagt auch gedacht. Aber für ein Fußballspiel reicht es ganz offensichtlich nicht. Trotzdem waren die Shows, die ich diesen Sommer gespielt habe, die absolute Wacht. Zum Abschluss in Mailand haben wir sogar in San Siro auftreten können.
Nein, auf dem Platz daneben, aber das immerhin vor 30.000 Menschen. Das San-Siro-Stadion hebe ich mir noch auf. Man braucht ja noch Träume (lacht).
Um ehrlich zu sein, sind meine Erwartungen bei Weitem übertroffen worden. Als ich vor zweieinhalb Jahren mein erstes Album „Walls“ veröffentlichte, blieb kurz danach die Welt stehen, ich konnte gerade noch zwei Konzerte spielen, dann wurde ich nach Hause geschickt. Trotzdem war mir immer klar, dass es irgendwann weitergehen würde. Ich lag ein paar Monate auf dem Sofa, dann schrieb ich die neuen Songs, um bereit zu sein. Und das bin ich jetzt.
Ich fand es naheliegend und vernünftig, mit einer frohen Botschaft zurückzukommen. Das ganze Album ist hoffnungsvoll, und ich bin es auch. Ich bin ein optimistischer Mensch, immer schon gewesen.
Das aktuelle Album trägt den Titel „Faith in the Future“.
Mich als glaubwürdiger Künstler zu etablieren. Ich denke, diese Mission habe ich mehr als erfüllt. Ich habe dieses Mal mehr gitarrenorientierte Musik gemacht und bin näher dran an der Sorte von Songs, die ich selbst gern höre.
Ich habe mit One Direction fantastische Erfahrungen gesammelt, doch nun wollte ich die Chance nutzen, Lieder mit mehr Tiefe und Substanz zu machen und mich individuell auszudrücken. Wenn ich früher nur die Füße ins kalte Wasser gehalten habe, bin ich auf „Faith In The Future“ komplett reingesprungen.
Diesen Song liebe ich von allen auf meinem Album am meisten. Ich mag dieses Rotzige, auch die frühen Arctic Monkeys finde ich großartig, die haben wir in der Schule rauf und runter gehört. Ich stamme aus derselben Gegend, die Jungs wohnen zwanzig Minuten entfernt von Doncaster, wo ich aufgewachsen bin. Und für Oasis habe ich als Nordengländer natürlich ein sehr, sehr großes Herz.
Gar nicht übel. Ich habe tolle Erinnerungen, meine Familie lebt zum Teil noch dort, wenn ich lange nicht da war, bekomme ich Heimweh.
Wir sind nicht die besten Trinker Großbritanniens, aber auch wir mögen ein, zwei Bier. Wir sind sehr loyal, sehr kommunikativ, wir sind gern unter Leuten. Das fehlt mir in London tatsächlich ein bisschen. Dort haben alle permanent so viel um die Ohren, dass man sich schnell ein bisschen einsam fühlen kann, gehetzt und unter ständigem Druck.
Nein, mein Sozialleben hat ein bisschen unter dem Job gelitten. Ich verkrieche mich nicht und gehe schon gern mit Freunden raus, aber ich treffe beruflich so viele Menschen, dass ich anfange, meine Abende auf dem Sofa mit einer Tüte Salzbrezeln und irgendeinem Fußballspiel echt zu genießen.
Oh, eine geschickte Frage (lacht). Die Chancen für One Direction, irgendwann wieder zusammenzukommen, sind nach jetzigem Stand deutlich höher. Bei Oasis kann ich mir das gerade so gar nicht vorstellen.
Leider nicht. Im Moment haben wir nichts Gemeinsames in Planung. Wir genießen es alle, unser persönliches Ding zu machen. Aber wir sind noch immer ganz schön jung, da bleibt noch viel Zeit.
Man schluckt natürlich und denkt, ob man es selbst denn nicht vielleicht auch annähernd so weit bringen könnte. Aber ich gönne Harry allen Erfolg der Welt. Er ist großartig. Und ich selbst kann mich ja auch nicht beklagen (lacht).
An sechs von sieben Tagen fühle ich mich wie mein 18-jähriges Selbst. Kann sein, dass ich eines Tages erwachsen werde, kann auch nicht sein. Mein vernünftiges Gesicht hole ich eigentlich nur dann raus, wenn ich mit meinem Sohn Freddie zusammen bin. Ihm will ich ein Vorbild sein.
So oft es geht. Wenn ich nicht bei ihm bin, fehlt er mir extrem. Zum Glück gibt es das Internet. Videoanrufe und Social Media sind für uns ein echter Lebensretter. Die Gespräche mit meinem Sohn, wegen der Zeitverschiebung meist am frühen Abend, sind die Highlights meines Tages.
Er hört so zehn Sekunden hin und sagt dann „Ja, geht, ist okay“. Aber neulich war er in Los Angeles bei meiner Show. Normal geht er so zwischen 19 und 20 Uhr ins Bett, aber an dem Abend durfte er bis kurz vor Mitternacht aufbleiben.