Goslar. Laut der DKMS (Deutsche Knochenmarksspende) wird in Deutschland alle 12 Minuten die Diagnose Blutkrebs gestellt - weltweit sogar alle 27 Sekunden. Um so vielen Menschen wie möglich die Chance auf Heilung zu geben, haben es sich die Gesundheitsklassen sowie der Schülervorstand der Berufsbildenden Schulen (BBS) „Am Stadtgarten“ zur Aufgabe gemacht, über das Thema aufzuklären und ihre Mitschüler dazu zu bringen, sich als Spender zu registrieren.
Der 20-jährige DKMS-Volunteer Philipp Groß hat in der Berufsschule einen Vortrag über dieses wichtige Thema gehalten. Neben der Erklärung, was Blutkrebs eigentlich ist und wie Betroffenen geholfen werden kann, gab es auch Erfahrungsberichte von dem 21-jährigen Sebastian Zahn, der 30-jährigen Katharina Meyer und der 34-jährigen Hanadi Kanaan.
In einer Box sammeln die Gesundheitsklassen die Stäbchen, mit denen ein Abstrich vom Mundraum genommen wurde. Foto: Otte
Sebastian Zahn hat vergangenes Jahr sein Abitur an den BBS gemacht. Nun stand er auf der Bühne der Aula und erzählte den Schülerinnen und Schülern, wie er durch seine Registrierung bei der DKMS ein Leben retten konnte.
Vor zwei Jahren erhielt Zahn zunächst eine E-Mail und danach einen Anruf von der DKMS, in dem man ihm mitteilte, dass seine Merkmale auf einen Patienten mit Blutkrebs passen. Nachdem er diese Information bekam, ging es schon ganz schnell. Für eine Blutabnahme fand er sich bei seinem Hausarzt ein. Die Probe wurde dann zur DKMS geschickt.
Danach ging es für Zahn nach Dresden, dort befindet sich nämlich die nächstgelegene Cellex-Klinik. Das ist eine spezielle Klinik für Stammzellenspender. Dort wird sich laut Zahn „hervorragend um einen gekümmert.“
Nach mehreren Tests konnte der 21-Jährige „peripher“ Stammzellen spenden. Das bedeutet, dass über eine längere Blutentnahme die lebensrettenden Zellen entnommen werden. Um genug Stammzellen anzureichern, musste er sich vor der Spende Spritzen in den Bauch injizieren. Zahn sagt: „Jeder, der schon mal mit Insulin oder Thrombosespritzen in Kontakt gekommen ist, weiß, dass es überhaupt nicht schlimm oder schmerzhaft ist.“ Der 21-Jährige berichtet, dass für ihn die Spende eher wie ein längerer Ausflug mit kostenloser Unterkunft und Verpflegung abgelaufen ist.
Erst später wurde ihm klar, was dieser Prozess eigentlich bedeutet. Einen Tag nach der Spende hat der ehemalige Stadtgarten-Schüler ungefähre Daten erfahren, an wen seine Spende ging - an einen Mann aus England, der zwischen 30 und 80 Jahre alt ist. Erst dann sei ihm klar geworden, dass er ein Leben gerettet hatte.
Anfänglich hielten Spender und Empfänger Briefkontakt. Der Mann aus England schrieb, dass er dem ehemaligen Schüler extrem dankbar ist und dass es ihm seit der Spende viel besser geht. Bis heute konnte der Kontakt „leider nicht aufrechterhalten werden“, so Zahn.
Die Schülerinnen und Schüler versammeln sich für die Vorträge in der Aula. Foto: Otte
Auch die 30-jährige Katharina Meyer hat bereits Stammzellen gespendet. Bei ihr wurden sie allerdings aus dem Knochenmark entnommen. Dazu ist eine Operation notwendig, die laut Meyer rund eine Stunde dauert. Die Vorbereitungen waren bei ihr und Zahn identisch, nur der Eingriff unterscheidet sich.
Welche Methode letztendlich durchgeführt wird, kommt immer auf den Patienten an. In 70 Prozent der Fälle findet eine Stammzellenspende über eine Blutentnahme statt, bei 30 Prozent der Spenden stammen aus dem Knochenmark. Auch die Wünsche des Patienten würden dabei berücksichtigt.
Meyer erfuhr, genauso wie Zahn, kurz nach ihrer Spende einige Daten über die Empfängerin. Eine 24-jährige junge Frau aus den USA. „Ich habe eine Schwester in dem gleichen Alter, daher konnte ich mich sofort in die Situation der Familie hineinversetzten“, so Meyer. Einige Zeit später musste die 30-Jährige jedoch erfahren, dass die junge Frau aus den USA den Kampf gegen den Blutkrebs letztendlich doch verloren hat. „Ich konnte Ihr zwar nicht das Leben retten, habe Ihr und ihrer Familie aber wenigstens Zeit geschenkt“, berichtet Katharina Meyer in der Aula der BBS.
Auch die 34-jährige Hanadi Kanaan hat Erfahrungen mit einer Stammzellenspende gemacht, allerdings weder als Spenderin noch als Empfängerin. Auf Stammzellen angewiesen war ihr Sohn. Ihm konnte dadurch ein besseres und vor allem gesundes Leben geschenkt werden.
Nach dem Vortrag und den Erfahrungsberichten kamen die Stäbchen zum Einsatz. Unter der Anleitung des DKMS-Volunteers Philipp Groß haben sich insgesamt 104 Schülerinnen und Schüler als Stammzellenspender registriert. Auch Spenden für die Deutsche Knochenmarksspende wurden fleißig gesammelt – 270 Euro sind dabei zusammengekommen.
Berufsschullehrerin Eileen Hepner berichtet, dass die Schülervertretung in der nächsten Woche noch einmal durch alle Klassen gehen möchte, die beim Aktionstag nicht dabei waren, noch mehr Schüler von einer Registrierung bei der DKMS zu überzeugen.