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Der Frühling kommt, die Straße lockt. Worauf sollte man beim Kauf eines Pedelecs achten?

Ich empfehle einen Mittelmotor, also einen Motor, der direkt am Tretlager sitzt. Von hier aus kann er die Schaltung am Hinterrad in jedem Gang unterstützen. Auch der Bodenkontakt ist durch den Schwerpunkt in der Mitte besser, weil die ungefederte Masse, also die der Räder vorn und hinten, kleiner ist. Diese ungefederte Masse sollte möglichst gering sein, um die Bodenunebenheiten auszugleichen. Ein Nabenmotor im Vorderrad, so meine Erfahrung, macht das Rad vorne sehr schwer und schlecht lenkbar. Schon Lokomotiven hat man früher so gebaut, dass der große Motor in der Mitte, zwischen den Drehgestellen platziert war.

Es gibt Motoren verschiedener Leistungsklassen, mit welchen haben Sie gute Erfahrungen gemacht? 

Gehen wir da doch kurz auch mal aus physikalischer Sicht heran: Der Motor wird umso leichter, je höher bei gegebener Leistung die vorgegebene Drehzahl ist. Die Drehung des Motors wird über das Getriebe auf die Räder übertragen. So tritt der Fahrende vielleicht hundert Mal in die Pedale, die Räder drehen sich jedoch deutlich häufiger und das Rad wird so schneller. Physikalisch erklärt: Die Leistung errechnet sich aus dem Drehmoment multipliziert mit der Drehzahl und einer Konstanten. Nach unserer Erfahrung sind Motoren gut, die eine Leistung von über 500 Watt haben, also eine möglichst hohe Leistung bei geringem Gewicht.

Was muss man zum Aufladen der Batterie während einer Tour wissen?

Viele Hotels und Pensionen bieten inzwischen die Möglichkeit, die Batterie des Rades über eine Steckdose am Haus aufzuladen. Man sollte die Batterie jedoch auf gar keinen Fall selber im Hotelzimmer aufladen. Lithiumbatterien haben eine hohe Reichweite, sie sind im Prinzip kleine „Bomben“. Das Ganze ist ein geschlossenes System. Beim Überladen können Gasungsprozesse in Gang gesetzt werden. Wenn dann etwas Gas austritt, kann ein Funke zur Entzündung genügen. Die Folgen möchte man sich gar nicht ausmalen.

Was muss man über die Wahl der Batterie wissen?

Die Batterie ist das Wichtigste bei einem Elektrofahrzeug. Bei der Auswahl sollte man auf die Angabe der Reichweite achten. Üblicherweise werden 80 bis 100 Kilometer angegeben, manchmal sogar 120 Kilometer Reichweite. Bei uns im Harz mit seinen anspruchsvollen Strecken sollte man lieber nur von der Hälfte dieser angegebenen Leistungen ausgehen, um keine unangenehmen Überraschungen zu erleben. Auf dem Deich an der Küste bei flachen, glatten Straßen schafft so eine Batterie nahezu die angegebenen Strecken.

Wie behandelt und lagert man eine Batterie am besten?

Eine Batterie will behandelt werden wie ein guter Wein. Sie sollte weder zu warm, noch zu kalt gelagert werden. 15 Grad Celsius halte ich für optimal, da fühlt sich die Batterie wohl. Im Keller oder in der beheizten Garage ist sie gut aufgehoben. Über den Winter sollte man sie hier allerdings weder zu leer noch bis oben hin gefüllt stehen lassen. Am besten wird die Batterie halb aufgeladen eingelagert. Und man sollte in jedem Fall das zur Batterie geliefert Ladegerät benutzen, nicht irgendeine billigere Variante.

Es gibt die Möglichkeit, über die Bremsen Energie in den Motor zurück zu speisen. Was halten Sie davon?

Das ist ein nettes Gimmick, bringt aber nicht allzu viel. Die Bremsenergie rückzuführen, das lohnt sich nur in den Bergen. Dort kann es auch zehn bis 30 Prozent zusätzliche Reichweite bringen. Ob das die Sache wert ist, das muss letztlich jeder für sich selbst entscheiden.

Kommen wir zu den Bremsen - Rücktritt oder Freilauf - was hat sich bewährt?

Hans-Peter Beck, der Direktor des Instituts für Elektrische Energietechnik und Energiesysteme an der TU Clausthal-Zellerfeld, ist begeisterter Pedelec-Fahrer. Foto: Seilkopf

Das ist Geschmackssache. Rein technisch gesehen, ist ein Rücktritt eine hoch zuverlässige Bremse. Hydraulische oder Seilzugbremsen am Lenker sollten gut eingestellt sein und gute Bremsbeläge haben. Bei steilen Abfahrten kann das eigene Leben an gut funktionierenden Bremsen hängen. Wenn sie zu stark vorne bremsen, ist ein Satz über den Lenker nicht auszuschließen. Deshalb sollte man sie wie bei einem Auto regelmäßig warten. Die Bremskraft hängt davon ab, ob die Bremsbeläge plan sind und die Backen über den Seilzug oder die Hydraulik rechts und links vom Rad so angedrückt werden, dass auch wirklich eine gute Bremswirkung entsteht. Sind die Bremsbacken einseitig abgerieben, muss man sie tauschen. Hier sollte man möglichst hochwertige wählen.

Welche Art des Sattels würden Sie empfehlen?

Der Sattel ist natürlich eine Sache, die immer auch sehr individuell zu entscheiden ist. Ich würde empfehlen, ein relativ formstabiles Modell zu wählen. Bewährt hat sich auch eine Teleskopfederung zwischen Rahmen und Sattel, damit die Stöße aus Bodenwellen nicht direkt am Po landen, sondern abgefedert werden. Eine Teleskopfederung in der Gabel des Vorderrades ist ebenfalls eine gute Entscheidung. So werden die Stöße des Vorderrades, die ins Handgelenk geleitet werden, verringert. Wenn man dann in der Schweiz eine gute halbe Stunde lang ins Tal rollt, ist das eine willkommene Entlastung.

Reifen sind ein Thema, mit dem jeder schon mal zu tun hatte, der auf einem Rad saß. Was sollte man Ihrer Meinung nach dazu wissen?

Die Auswahl der richtigen Reifen ist beinahe eine Wissenschaft für sich. Auf glatten Straßen, das sieht man ja bei den Radrennen, werden extrem schmale, glatte Reifen genutzt, weil die leichter rollen. Auf sandigen Strecken sind sie aber kaum zu gebrauchen, man würde einfach wegrutschen. Da braucht man dann schon breitere Reifen mit einem kräftigeren Profil. Wichtig bei unebenem Boden ist, dass der Luftdruck hoch genug ist, sonst schlägt der Mantel auf die Felge. Kurz gesagt: Man sollte sich je nach Bodenbeschaffenheit und Fahrstrecke den Reifen aussuchen, der passt.

Die Reifen können unterwegs kaputt gehen, kann man dem vorbeugen?

Da es sehr ärgerlich ist, unterwegs eine Panne zu haben, nutzen wir neuere Reifen, die „unplattbar“ sind. Die Laufspur dieser Reifen ist besonders verstärkt. Ich empfehle, zumindest für konventionelle Räder, auch ein Werkzeug mitzunehmen und eine Mini-Luftpumpe für den Notfall. Für daheim hat sich eine Fußpumpe mit Druckanzeige bewährt. Je nach Ventil kann man so selber Luft aufpumpen. Wir nutzen immer drei bis vier Bar. Haben die Räder ein Autoventil, kann man die Reifen an der Tankstelle bequem mit Luft befüllen. Dabei gilt: Je moderner der Reifen, desto höher der Luftdruck. Richtwert sind etwa drei bis fünf Bar. Genaue Werte stehen auf dem Reifen aufgedruckt. Über den Winter sollte man die Räder übrigens am besten aufständern, damit keine Kraft auf den Reifen drückt.

Was sollte man im Frühjahr tun, um eine genussvolle Radsaison zu erleben?

Einen Frühjahrscheck machen lassen. Ich würde empfehlen, einen Fahrradwerkstatt-Check zu machen wie beim TÜV fürs Auto. Dort sollte man alles kontrollieren und sich das dann auch bestätigen lassen. An Stahlrahmen zum Beispiel können sich Risse gebildet haben. Das ist ganz gefährlich, wenn dann unterwegs was bricht. Wenn man von alledem etwas beherzigt, steht einer Fahrt ins Blaue mit gesunder Wiederkehr nichts im Weg.

 

HINTERGRUND

  • E-Bike, Elektrofahrrad und Pedelec sind drei Begriffe für ein und dasselbe Fahrzeug. Pedelec wurde aus den ersten Buchstaben der Begriffe Pedal Electric Cycle zusammengesetzt. Ein Pedelec bietet dem Radfahrer nur dann Unterstützung durch einen Motor an, wenn der Radler in die Pedale tritt. Erfolgt die Pedalunterstützung für eine Geschwindigkeit bis zu 25 Kilometern pro Stunde, gelten Pedelecs als Fahrrad und sind nicht zulassungspflichtig.
  • E-Bikes fahren auf Knopfdruck auch ohne Pedalunterstützung. Dieses System ist ab sechs Kilometern pro Stunde zulassungspflichtig.