In diesem Artikel:

Mit Unterstützung des Teams der Stadtbibliothek haben wir vier Punkte für einen guten Start ins Leseleben zusammengetragen:

  1. Lesevorbild sein: Erleben Kinder daheim, dass Bücher zum Haushalt gehören, sie wertgeschätzt und sorgsam behandelt werden, dann werden sie das auch tun. Kinder lernen durch Nachahmung – das sollte man nicht unterschätzen.
  2. Vorlesen, vorlesen, vorlesen: Kinder, denen schon in frühen Jahren vorgelesen wird, haben es später beim Lernen in der Grundschule um ein Vielfaches leichter, fand die Stiftung Lesen heraus. Die Kleinen können so sehr gut auf die Zeit in der Schule vorbereitet werden. Bleibt das aus, ist es schwer nachzuholen.
  3. Ein besonderer Platz für Bücher: Ein hübsches Regal im Kinderzimmer so platzieren, dass die Kinder ihre Bücher darin selbst verstauen und herausnehmen können. Der Leseschatz sollte als solcher gesehen und gewertet werden. Rat: Immer mal wieder gemeinsam mit dem Kind aussortieren, was nicht mehr altersgerecht ist.
  4. Leseatmosphäre schaffen: Einen gemütlichen Ort aussuchen, es sich kuschelig machen und ganz eng beieinandersitzend gemeinsam lesen. Am besten eignet sich der Abend, kurz bevor die Kinder einschlafen. Einmal als Ritual begonnen, werden diese fünfzehn Minuten im Bett schnell eine liebe Gewohnheit.

Diplom-Bibliothekarin Kirsten Brocks verwaltet mit ihrem zehnköpfigen Team ein Haus voller Bücher, Goslars Stadtbibliothek. Sie stand als Lese-Expertin Rede und Antwort.

Gibt es ein Leseratten-Gen?

Brocks: Nein, das ist mir jedenfalls nicht bekannt. Die Vorbildwirkung ist sehr wichtig. Wenn die Eltern viel lesen, lesen die Kinder auch. Aber auch die Gruppe, den Onkel oder die Tante beim Lesen zu erleben, das prägt. Erleben Kinder das im familiären Raum nicht, werden sie auch nicht zu Zeitung, Zeitschrift oder Buch greifen. Dann, so unsere Erfahrung, haben sie in der Grundschule Probleme.

Was können Sie als Stadtbibliothek leisten?

Brocks: Wir erleben bei uns in der Bibliothek, wie fasziniert die Kinder, die Bücher von zu Hause nicht kennen, von diesen Medien sind. Würde man diesen Kindern regelmäßig Bücher geben, würden sie die auch von sich aus regelmäßig nutzen. Hier sehen wir eine große bibliothekspädagogische Herausforderung. Dafür werden auch die verschiedenen Fortbildungen absolviert.

Können Sie Tipps und Kniffe verraten, wie man aus Nichtlesern begeisterte Leser machen kann?

Brocks: Vorlesen. Am besten immer zur selben Zeit abends vor dem Schlafengehen. Beim Vorlesen sind Rituale wichtig. Und auch wenn es das 20. Mal dasselbe Buch ist, sollte man es genauso intensiv vorlesen wie beim ersten Mal. Das ist ein sehr wichtiger Akt der Wertschätzung. Vorlesen baut eine tiefe Beziehung zwischen Kindern und Eltern oder Großeltern auf. Es bietet sich an, im Kinderzimmer eine besondere Ecke zu schaffen. Die Bücher sollten immer greifbar sein, nicht in eine Kiste eingesperrt werden. Bücher wollen raus in die Welt, um sie Kindern näher zu bringen und ihnen die Welt zu erklären.

Wie bringen Sie als Stadtbibliothek Bücher und Leser zusammen?

Brocks: Viele Grundschul-Klassen besuchen uns regelmäßig. Wir lesen Kindern auch vor. Dabei sollte das Buch nicht zu speziell ausgesucht werden - es sollte immer möglichst ein männlicher und ein weiblicher Part darin vorkommen, das können auch Tiere sein. Wichtig ist nach dem Meistern einer Aufgabe immer das Happy End. Wir sind auch mit einem Leserucksack in die Schulen gegangen. Wenn der Umbau der Bibliothek abgeschlossen ist, beginnen wir damit wieder.

>Wie sehen Sie Märchen, sollte man die vorlesen?

Brocks: Ich halte viel von Märchen, nicht aber von der Gewalt in den Geschichten. Märchen gehören als Klassiker ganz einfach zur Buchfamilie. Ich finde auch, dass es ein Grundwissen ist, dass das Gute über das Böse siegt.

 

>Die Stadtbibliothek hat Ratschläge für den Umgang mit dem Buch in verschiedenen Altersklassen zusammengestellt. Hier sind sie:

Baby: Schon die ganz Kleinen entdecken das Buch in Form von Fühl- oder Knisterbüchern.

Tipp: Ein Stoffbilderbuch mit weichen Knisterseiten für den Wickeltisch.

1. Jahr: Kleine Bücher mit dicken Seiten können schon von den Kindern durchgeblättert werden. Auf jeder Seite ist ein Alltagsgegenstand groß abgebildet.

Tipp: Reale Gegenstände danebenlegen, wie zum Beispiel den Teddy, das Spielzeugauto, den Apfel.

2. Jahr: Kurze Geschichten sind jetzt spannend und die Kinder können bereits gut zuhören.

Tipp: Bilder aus dem Bilderbuch gemeinsam anschauen und die Handlung auch mal selbst erzählen.

3. Jahr: Das Vorlesen ist wichtig. Bücher können das Sprechen lernen positiv unterstützen.

Tipp: Vorlesen als festes Abendritual einplanen.

4. Jahr: Die Geschichten aus dem Buch nehmen Bezug auf das eigene Leben des Kindes. Themen über Gefühle wie Wut oder Freude, Wünsche und Interessen werden von den Kindern fasziniert aufgenommen.

Tipp: Mit dem Kind in die Stadtbibliothek gehen und es Bilderbücher aussuchen lassen.

5. bis 6. Jahr: Kindergartenkinder spielen innerhalb der Gruppe und erzählen zu Hause, was sie alles erlebt haben. Kurze Geschichten über Indianer, Dinosaurier, Prinzessinnen oder Pferde können jetzt vorgelesen werden.

Tipp: Zum Thema passende Sachbücher ausleihen.

7. Jahr: Das Lesen lernen beginnt. Der schwierige Anfang kann durch spezielle Erstlesebücher erleichtert werden.

Tipp: Gemeinsam das Lesen mit dem Kind üben. Das Vorlesen ist jetzt immer noch wichtig.

8. bis 9. Jahr: Das Lesen wird immer sicherer. Auch schon etwas schwierigere Texte werden fehlerfrei gelesen und verstanden.

Tipp: Regelmäßiger Besuch in der Stadtbibliothek, um den Lesehunger zu stillen. Gespräche über die Bücher werden immer wichtiger.

10. Jahr: Neben Büchern rücken andere Medien wie Konsolenspiele in den Vordergrund. Kinder leihen sich selbstständig ihre Bücher aus.

Tipp: Als Eltern Bücher wertschätzen und den Kindern als Vorbild dienen. Das Medienverhalten der Kinder nachhaltig prägen.