Tafel erinnert an Kriegsverbrechen in St. Andreasberg
Historiker und Kirchenvorstand Frederik Kunze zeigt in seiner Ansprache ein Foto des amerikanischen Piloten und Oberleutnants John Coggeshall Saunders. Foto: Eggers
Die Martini-Kirchengemeinde und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge haben eine Tafel zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus aufgestellt.
St. Andreasberg. Das Wetter spielte überhaupt nicht mit, als die Martini-Kirchengemeinde und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge jetzt die neuen Geschichts- und Erinnerungstafeln auf dem Friedhof in St. Andreasberg eingeweiht hat. Starkregen und Sturm sorgten dafür, dass die Feierlichkeiten in die Friedhofskapelle verlegt wurden. Einige Besucher trotzten dann aber doch dem Unwetter und gingen nach der Zeremonie noch zu dem Platz, an dem eine der Tafeln steht.
Die Besucherinnen und Besucher verfolgen die Reden zur Einweihung der Tafeln in der Friedhofskapelle St. Andreasberg. Foto: Eggers

Einige wenige, unter ihnen Ortsvorsteher Karl-Heinz Plosteiner, gehen im strömenden Regen zu dem Platz auf dem Friedhof St. Andreasberg Foto: Eggers
Vor dem Jeep gegangen
Dabei wird auf den drei Tafeln – eine weitere steht am Eingang Schulstraße des Friedhofs und eine weitere am Markt vor dem ehemaligen Polizeigebäude – unter anderem die Zeit St. Andreasbergs im Nationalsozialismus und als Lazarettstandort erklärt. Eine besondere Rolle nehmen dabei zwei Kriegsverbrechen zum Ende des Zweiten Weltkriegs ein, die sich direkt in der Bergstadt ereignet hatten.
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Der Amerikaner Saunders wurde am 28. August 1922 in Summit, New Jersey, geboren. Er war Bomberpilot der US-amerikanischen Luftwaffe. Am 3. März 1945 flog seine Einheit einen Angriff auf eine Ölraffinerie in Magdeburg, heißt es auf der Tafel. Das Flugzeug wurde von deutschen Flugzeugen angegriffen und abgeschossen. Gegen 11 Uhr stürzte die Maschine dann über dem Sieberberg ab. Der Pilot und zwei weitere Besatzungsmitglieder wurden gefangen genommen und in St. Andreasberg im Polizeigefängnis am Markt inhaftiert. Die Gefangenen sollten in ein Kriegsgefangenenlager
gebracht werden.
Ohne Vorwarnung erschossen
Allerdings haben die damals Verantwortlichen die Kriegsgefangenen auf der Außentreppe zum Polizeigefängnis den Anfeindungen der Bevölkerung ausgesetzt. Ein nicht mehr zu identifizierender Repräsentant der NSDAP oder der Hitlerjugend stellte Oberleutnant Saunders einige Fragen auf Deutsch. Als dieser nicht antworten konnte, erschoss ihn Karl Robert Bäcker, ein Facharbeiter der Munitionsfabrik Metallwerke Silberhütte, ohne Vorwarnung.
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Karl Robert Bäcker ist dann am 17. April 1945 von US-amerikanischen Soldaten in Bad Lauterberg aufgegriffen und nach St. Andreasberg gebracht worden. Zeitzeugen zufolge musste er vor einem Jeep durch die Bergstadt gehen. Am Eingang Schulstraße zum Friedhof, links vom Tor, wurde er von den US-amerikanischen Soldaten „auf der Flucht“ erschossen und am 21. April 1945 auf dem Friedhof beigesetzt. Sein Grab ist nicht mehr erhalten, heißt es auf der Tafel.
Weitere Stätte
Fredrik Kunze erinnerte bei der Einweihung der Tafel auch an diese Kriegsverbrechen und betonte, dass es wichtig sei, sich daran zu erinnern, so wie es wichtig sei, sich mit der Bergbaugeschichte St. Andreasbergs zu beschäftigten. Dabei nahm er auch zu den „Harzer Informationstafeln“ Stellung, die in vielen Bereichen der Stadt Sehenswürdigkeiten erklären.
Kunze kritisierte, dass sie „Dennert Tannen“ genannt werden, denn Herbert Dennert sei nicht nur ein Nazi gewesen, er habe in seiner Funktion als Oberbergrat auch die „bergbehördlichen Angelegenheiten“ des KZ Mittelbau-Dora in Nordhausen mitzuverantworten gehabt.
Weitere Redner bei der Einweihung der Tafeln waren Bürgermeister Wolfgang Langer, Ortsvorsteher Karl-Heinz Plosteiner und Pastorin Mirja Rohr. Sie alle betonten, wie wichtig das Erinnern sei.
In St. Andreasberg gibt es eine weitere Kriegsgräberstätte, die von der Stadt vor zwei Jahren in Ordnung gebracht wurde. Sie liegt im Park der ehemaligen Rehberg-Klinik. Diese diente als Sanatorium „Rehberg“ während des Zweiten Weltkrieges als Lazarett für Kriegsverwundete. Zwölf deutsche Soldaten und eine Schwester liegen dort begraben.
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