Söhne sagen stundenlang aus und bleiben bei Vorwürfen
Der Angeklagte (2. v. l.) sitzt neben seinem Verteidiger Matthias Jochmann (l.) und einem Dolmetscher. Foto: Klengel (Archiv)
Im Okeraner Mordprozess bleiben die Söhne trotz stundenlanger Befragung durch den Verteidiger bei ihren Vorwürfen gegen ihren Vater.
Verhandlung am Landgericht
Okeraner Mordprozess: Sohn gerät heftig mit Verteidiger aneinander
Der Angeklagte bestreitet die Tat und gab an, seine behinderte Tochter könnte das Geschehen verursacht haben. Sie habe bereits früher mit einem Feuerzeug gezündelt und könne auch das Benzin in der Wohnung verteilt haben, um ihre Mutter nachzuahmen. Diese habe mit dem Kraftstoff Ameisen bekämpft. Die Polizei sicherte aufgrund dieser Einlassung mehrere Feuerzeuge in der Küche, an denen das kriminaltechnische Labor die DNA der Tochter sicherte. Die Kleidung der Tochter habe nach Benzin gerochen, erklärten bereits mehrere Zeugen.
Seit der Tatnacht ist die schwerst behinderte Tochter in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht.
Die Ärztin ist skeptisch
Ihre Ärztin hält es für unwahrscheinlich, dass sie den Brand gelegt haben könnte – weder unbeabsichtigt und schon gar nicht planvoll, betonte die Zeugin. Die junge Frau befände sich auf dem Entwicklungsstand eines Kleinkindes und sei Autistin. Sie interagiere nicht mit Mitmenschen und sei auch nicht in der Lage, Gegenstände zu benutzen, nicht einmal spielerisch. Sie fasse alles an und verteile Körperflüssigkeiten in ihrer Umgebung, was die DNA-Spuren erkläre.Drama am Braunschweiger Landgericht
Okeraner Mordprozess: Schwager belastet den Angeklagten schwer
Nachdem der Vorwurf des Vaters bekannt wurde, habe man der Tochter unter Aufsicht ein Feuerzeug in die Hand gedrückt. Die junge Frau habe damit gar nichts anfangen können, berichtet die Ärztin. Es hatten bereits mehrere Zeugen zuvor versichert, dass die Tochter des Angeklagten kein Feuerzeug bedienen könne.
Verteidiger Matthias Jochmann baut neben der Theorie der Tochter als Täterin offenbar darauf, die Aussagen der Söhne in Zweifel zu ziehen. Beide befragte er über viele Stunden. An diesem Sitzungstag war es der jüngere Sohn, der sich jedoch weit besser unter Kontrolle hatte als sein älterer Bruder. Er begegnete den sich wiederholenden und bohrenden Fragen des Verteidigers eher mit flapsiger Frechheit denn mit Lautstärke. An der Überzeugung des jungen Zeugen vermochte Jochmann nicht zu rütteln.
Zwei Brüder sind einer Meinung
„Wir waren uns alle sicher, dass er es war“, erklärte der 17-Jährige und meinte damit seinen Vater. Die letzten Worte der sterbenden Mutter sollen laut beider Söhne „Abu Abu Abu“ gelautet haben, was Vater heißt.Mordprozess Oker
Angeklagter weist Vorwürfe zurück und überrascht mit Aussage
Darin stimmten beide Brüder überein. Leicht unterschiedliche Aussagen gab es bezüglich des Familienlebens. Der 17-Jährige berichtete, mehrfach vom Angeklagten geschlagen worden zu sein. Das hatte der 22-Jährige so nicht geschildert. Der 17-Jährige beschrieb die letzten zwei Jahre mit dem Vater als das reinste Martyrium, angefüllt mit unberechenbaren Aggressionen, paranoidem Verhalten, überbordender Eifersucht, beängstigenden Drohungen und letztlich der Angst um das Leben der Mutter.
„Wie bei versteckter Kamera“
Dass der Angeklagte ständig mehrere Liebhaber seiner Frau in der ehelichen Wohnung vermutete, bestätigte an diesem Verhandlungstag auch eine Rechtspflegerin des Amtsgerichtes Goslar. Bei ihr wurde der Angeklagte rund ein Jahr vor der Brandnacht vorstellig. Er behauptete, seine Frau sei eine Nymphomanin und er wolle sie zur Behandlung zwingen, um die fremden Männer aus seiner Wohnung zu bekommen. „Ich kam mir vor wie bei versteckter Kamera“, so die Zeugin. Da die Rechtspflegerin dem 50-Jährigen bei seinem bizarren Problem nicht helfen konnte, verlegte sich der 50-Jährige auf ständige Wohnungswechsel. Es gab Umzüge innerhalb Goslars, dann nach Wittmund, nach Salzgitter, nach Langelsheim und wieder nach Oker, wo die Situation im Mai eskalierte.
Er sei mal ein freundlicher und fürsorglicher Familienvater gewesen, bis er sich so veränderte. „Seine Augen waren nicht mehr seine Augen“, sagte der 17-jährige Sohn an diesem Sitzungstag.
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