Neue Beweisanträge: Okeraner Mordprozess könnte sich verlängern
Der 50-jährige Angeklagte bestreitet den Mord an seiner Frau in ihrem Okeraner Wohnhaus. Der Prozess am Braunschweiger Landgericht läuft noch mindestens bis Mitte Dezember. Foto: Moritz Frankenberg/dpa
Im Okeraner Mordprozess sagt eine Psychologin aus, der Angeklagte zeige wahnhafte Züge. Die Verteidigung stellt neue Beweisanträge.
Braunschweig/Oker. Am Ende des achten Verhandlungstages im Mordprozess von Oker kündigte Rechtsanwalt Matthias Jochmann weitere Beweisanträge an. Wenn die Kammer dem stattgibt und weitere Zeugen gehört werden müssen, wird das Urteil wohl nicht wie vorgesehen am 18. Dezember verkündet werden.
Einem 50-jährigen Familienvater wird vorgeworfen, seine Frau mit Brandbeschleuniger übergossen und angezündet zu haben. Der Angeklagte weist die Vorwürfe zurück.
Die sich über drei Verhandlungstage hinziehende Vernehmung des jüngeren Sohnes wurde am Montag beendet. Er zeichnete ein beunruhigendes Bild des Vaters. So habe dieser Frau und Tochter jeden Abend eingeschlossen und vor der Zimmertür geschlafen.
Eifersucht und Todesdrohungen
Er habe aus Angst, seine Frau könnte ihn vergiften, nicht mehr mit der Familie gegessen.Okeraner Mordprozess in Braunschweig
Söhne sagen stundenlang aus und bleiben bei Vorwürfen
Alle hätten unter seiner überbordenden Eifersucht gelitten. Dass dieses Verhalten die Grenze des Normalen weit überschritt, bestätigten neben den Söhnen auch weitere Zeugen. Besonders beängstigend seien seine Todesdrohungen gewesen, berichtete der 17-jährige Sohn, der den Vater als krank einstufte.
Der Verlust des Arbeitsplatzes
„Ja, eine wahnhafte Störung liegt vor“, bestätigte eine forensische Psychologin, die den Angeklagten untersucht und während des gesamten Prozesses beobachtet hatte. Jedoch erreiche die Störung nicht so ein Maß, dass seine Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt sei. Ein Realitätsabgleich sei ihm noch immer möglich, so die Sachverständige. Allerdings stufte sie das Verhalten des Angeklagten als „nicht mehr kulturell angemessen“ ein, womit sie sich auf den islamischen Hintergrund des aus Syrien geflüchteten Mannes bezog. Nach Auffassung der Sachverständigen habe der Verlust des Arbeitsplatzes die Störung begünstigt.Verhandlung am Landgericht
Okeraner Mordprozess: Sohn gerät heftig mit Verteidiger aneinander
Am Mittwoch wird sich zeigen, ob dieser Prozess in die Verlängerung geht, oder die Beweisaufnahme geschlossen werden kann.
Wer schloss das Fenster?
Der Angeklagte hatte ausgesagt, in der Brandnacht seine Kinder geweckt und vor dem Feuer in Sicherheit gebracht zu haben. Die drei Söhne nächtigten zusammen in einem Zimmer, die behinderte Tochter schlief normalerweise bei der Mutter. In der Brandnacht will sie der Angeklagte sie nach draußen gebracht haben.Mordprozess Oker
Angeklagter weist Vorwürfe zurück und überrascht mit Aussage
Aber wer schloss dann danach das Fenster? Eine Zigarette, so sagte ein Brandsachverständiger aus, fehle es an der nötigen Zündtemperatur, um so ein Feuer zu verursachen. Hätte die schwerstbehinderte Tochter ein Feuerzeug bedienen können? Alle Familienmitglieder einschließlich der behandelnden Ärztin verneinen das.
DNA-Spuren an Feuerzeugen
Der Trumpf der Verteidigung ist, dass man an allen in der Wohnung befindlichen Feuerzeugen, an einem Benzinkanister und auch an Flaschen mit Grillanzünder die DNA der Tochter fand, wie an diesem Tag eine Biologin des Landeskriminalamtes ausführte. Dass die Tochter alles anfasse und sogar Körperflüssigkeiten in ihrer Umgebung verteile, wie mehrere Zeugen zuvor angaben, würde jedoch gegen diese These sprechen.
Die beiden älteren Söhne sowie der Bruder der Getöteten, alle treten in diesem Verfahren als Nebenkläger auf, sind von der Schuld des Vaters überzeugt. Das Opfer selbst soll gegenüber dem ältesten Sohn trotz der verheerenden Verletzungen ihren Mann als Verursacher genannt haben. Ein Notarzt bestätigte an diesem Prozesstag, dass das Brandopfer tatsächlich noch habe reden können.
Copyright © 2025 Goslarsche Zeitung | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.