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GZ Plus IconNeue Beweisanträge: Okeraner Mordprozess könnte sich verlängern

Drei Männer in einem Gerichtssaal, einer hält eine rote Mappe vor sein Gesicht, ein anderer trägt eine schwarze Robe.

Der 50-jährige Angeklagte bestreitet den Mord an seiner Frau in ihrem Okeraner Wohnhaus. Der Prozess am Braunschweiger Landgericht läuft noch mindestens bis Mitte Dezember. Foto: Moritz Frankenberg/dpa

Im Okeraner Mordprozess sagt eine Psychologin aus, der Angeklagte zeige wahnhafte Züge. Die Verteidigung stellt neue Beweisanträge.

Von Corina Klengel Mittwoch, 03.12.2025, 04:00 Uhr

Braunschweig/Oker. Am Ende des achten Verhandlungstages im Mordprozess von Oker kündigte Rechtsanwalt Matthias Jochmann weitere Beweisanträge an. Wenn die Kammer dem stattgibt und weitere Zeugen gehört werden müssen, wird das Urteil wohl nicht wie vorgesehen am 18. Dezember verkündet werden.

Einem 50-jährigen Familienvater wird vorgeworfen, seine Frau mit Brandbeschleuniger übergossen und angezündet zu haben. Der Angeklagte weist die Vorwürfe zurück.

Die sich über drei Verhandlungstage hinziehende Vernehmung des jüngeren Sohnes wurde am Montag beendet. Er zeichnete ein beunruhigendes Bild des Vaters. So habe dieser Frau und Tochter jeden Abend eingeschlossen und vor der Zimmertür geschlafen.

Eifersucht und Todesdrohungen

Er habe aus Angst, seine Frau könnte ihn vergiften, nicht mehr mit der Familie gegessen.

Alle hätten unter seiner überbordenden Eifersucht gelitten. Dass dieses Verhalten die Grenze des Normalen weit überschritt, bestätigten neben den Söhnen auch weitere Zeugen. Besonders beängstigend seien seine Todesdrohungen gewesen, berichtete der 17-jährige Sohn, der den Vater als krank einstufte.

Der Verlust des Arbeitsplatzes

„Ja, eine wahnhafte Störung liegt vor“, bestätigte eine forensische Psychologin, die den Angeklagten untersucht und während des gesamten Prozesses beobachtet hatte. Jedoch erreiche die Störung nicht so ein Maß, dass seine Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt sei. Ein Realitätsabgleich sei ihm noch immer möglich, so die Sachverständige. Allerdings stufte sie das Verhalten des Angeklagten als „nicht mehr kulturell angemessen“ ein, womit sie sich auf den islamischen Hintergrund des aus Syrien geflüchteten Mannes bezog. Nach Auffassung der Sachverständigen habe der Verlust des Arbeitsplatzes die Störung begünstigt. Bereits im Vorjahr wurde der 50-Jährige stationär in Liebenburg aufgenommen und medikamentös behandelt. Auch hier lautete die Diagnose „wahnhafte Störung“. Nach seiner Entlassung habe der Angeklagte die Tabletten abgesetzt, mittlerweile nehme er sie wieder, berichtete die Sachverständige. Sie erwähnte zudem, dass der Angeklagte nicht vorbestraft sei.

Am Mittwoch wird sich zeigen, ob dieser Prozess in die Verlängerung geht, oder die Beweisaufnahme geschlossen werden kann.

Wer schloss das Fenster?

Der Angeklagte hatte ausgesagt, in der Brandnacht seine Kinder geweckt und vor dem Feuer in Sicherheit gebracht zu haben. Die drei Söhne nächtigten zusammen in einem Zimmer, die behinderte Tochter schlief normalerweise bei der Mutter. In der Brandnacht will sie der Angeklagte sie nach draußen gebracht haben. Ansonsten war niemand in der Wohnung. Nach Auffassung des Angeklagten habe die schwerst behinderte Tochter, die sich auf dem Stand eines Kleinkindes befindet, Brandbeschleuniger in der Wohnung verteilt. Angesteckt habe sich seine Frau selbst, indem sie sich eine Zigarette anzündete. Doch das müsste dann gegen vier Uhr nachts geschehen sein. Als die Frau in Brand geriet, sei sie in Panik aus dem Fenster gesprungen, lautet die Variante der Verteidigung.

Aber wer schloss dann danach das Fenster? Eine Zigarette, so sagte ein Brandsachverständiger aus, fehle es an der nötigen Zündtemperatur, um so ein Feuer zu verursachen. Hätte die schwerstbehinderte Tochter ein Feuerzeug bedienen können? Alle Familienmitglieder einschließlich der behandelnden Ärztin verneinen das.

DNA-Spuren an Feuerzeugen

Der Trumpf der Verteidigung ist, dass man an allen in der Wohnung befindlichen Feuerzeugen, an einem Benzinkanister und auch an Flaschen mit Grillanzünder die DNA der Tochter fand, wie an diesem Tag eine Biologin des Landeskriminalamtes ausführte. Dass die Tochter alles anfasse und sogar Körperflüssigkeiten in ihrer Umgebung verteile, wie mehrere Zeugen zuvor angaben, würde jedoch gegen diese These sprechen.

Die beiden älteren Söhne sowie der Bruder der Getöteten, alle treten in diesem Verfahren als Nebenkläger auf, sind von der Schuld des Vaters überzeugt. Das Opfer selbst soll gegenüber dem ältesten Sohn trotz der verheerenden Verletzungen ihren Mann als Verursacher genannt haben. Ein Notarzt bestätigte an diesem Prozesstag, dass das Brandopfer tatsächlich noch habe reden können.

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