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Drama am Braunschweiger Landgericht

GZ Plus IconOkeraner Mordprozess: Schwager belastet den Angeklagten schwer

Der Angeklagte in gelbem Pullover hält ein rotes Dokument vor sein Gesicht, neben ihm sitzen sein Verteidiger und ein Dolmetscher. Hinter ihm steht ein Justizbeamter.

Der Angeklagte (2. v. l.) sitzt beim Mordprozess vor dem Braunschweiger Landgericht neben seinem Verteidiger Matthias Jochmann (l.) und einem Dolmetscher. Foto: Klengel

In der Verhandlung um den Feuertod einer Frau berichten Angehörige und Nachbarn von den Lebensumständen des Opfers.

Von Corina Klengel Dienstag, 18.11.2025, 14:03 Uhr
„Sie war sehr schlimm verbrannt. Ich kann meine Augen nicht schließen, ohne dieses Bild zu sehen“, sagte ein Bewohner des Okeraner Hauses am Müllerkamp, in dem im Mai eine Frau auf schreckliche Weise zu Tode kam. Ein weiterer Nachbar berichtete, etwas Brennendes sei vor seinem Wohnzimmerfenster nach unten gefallen, er habe zunächst an ein brennendes Möbelstück gedacht. Keiner der Bewohner ahnte zu diesem Zeitpunkt, dass eine brennende Frau aus dem ersten Obergeschoss in den Garten fiel. Doch über einen Punkt waren sich alle Zeugen einig, als sie nach dem Feueralarm draußen vor dem Haus standen. Das Fenster, aus dem die Frau fiel, sei geschlossen gewesen. Andererseits vermochte keiner der Zeugen sicher zu sagen, ob es nur zugefallen oder geschlossen war.

Hausbewohner bestätigen Motiv

Das Brandopfer starb noch am selben Tag. Nun wirft die Staatsanwaltschaft dem 50-jährigen Ehemann vor, seine Frau aus Eifersucht angezündet und damit ermordet zu haben. Der Angeklagte bestreitet die Tat. Das Tatmotiv wurde an diesem fünften Prozesstag von zwei Hausbewohnern bestätigt. Beide gaben an, dass der Angeklagte sie beschuldigte, ein Verhältnis mit seiner Frau gehabt zu haben. Während der Angeklagte das vermutete Motiv abstritt, gaben Sohn und Schwager an, dass die Familie wegen dieser Eifersucht schon oft habe umziehen müssen. Der Bruder des Opfers, der lange Zeit bei der Familie wohnte, sagte: „Meine Schwester durfte ohne ihn (den Angeklagten) nicht einmal einen Meter vor die Tür.“ Auch die Nachbarn bestätigten, sie hätten die Frau nie gesehen. Allerdings war die Familie gerade erst in die Okeraner Wohnung gezogen. Die Nachbarn belasteten den Angeklagten zudem mit der Aussage, dass nach dem Feuer alle fluchtartig das Haus in Schlafkleidung verlassen hätten. Nur der Angeklagte sei voll bekleidet gewesen.

Schwere Vorwürfe des Schwagers

„Mir war schon immer bewusst, dass dieser Mann meine Schwester umbringt“, erklärte der Schwager des Angeklagten mit Verve. Der Zeuge, der in diesem Verfahren zusammen mit den Söhnen des Angeklagten als Nebenkläger auftritt, war überzeugt, dass der Angeklagte die Tat von langer Hand geplant hatte. Der Theorie des Angeklagten, dass die behinderte Tochter den Brand gelegt haben könnte, widersprach er. Das Mädchen könne kein Feuerzeug bedienen und habe nie gezündelt, sagte er. Verteidiger Matthias Jochmann zog an diesem Tag eine Trumpfkarte und verwies auf den Bericht der Kriminaltechnik. Die hatte in der Wohnung vier Feuerzeuge gesichert und an allen habe sich die DNA der Tochter befunden. Doch auch das änderte nichts an der Überzeugung des Zeugen, der mit großer Belastungstendenz erklärte, dass sein Schwager die Spuren an den Feuerzeugen fingiert habe. „Er hat alles geplant“, beharrte er.

Schlaftabletten ins Essen gemischt?

Zuletzt kam noch ein Freund des Angeklagten zu Wort. Auch er bestätigte die Eifersucht des Angeklagten, die darin gipfelte, dass die Ehefrau ihm Schlaftabletten ins Essen gemischt haben soll, damit sie ihre Liebhaber ungestört empfangen könne. Der Angeklagte soll dies mit Stacheldraht am Balkon zu verhindern versucht haben. „Ich glaube, sie war eine ehrliche Frau“, sagte der Zeuge zu den Vorwürfen. Dieser Zeuge vermittelte dem Angeklagten einen Käufer für seinen Schrebergarten.

Der Garten wechselte demnach kurz vor der Tat den Besitzer und habe dem Angeklagten einen Geldsegen beschert, den dieser bei sich hatte, als er festgenommen wurde. Auch soll es dieser Freund gewesen sein, der den Angeklagten nach einem mehrwöchigen Aufenthalt in der Klinik Dr. Fontheim aus Liebenburg abholte. Auf der Fahrt soll der Angeklagte zufrieden gesagt haben, er gelte nun als verrückt und könne nun alles machen, was er wolle.

Eine Psychologin wird sich noch zu dem Geisteszustand des Angeklagten äußern. Die Verhandlung geht am Donnerstag weiter.

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