Kreistag stimmt für Verkauf des Gebäudes und Anmietung von Flächen

Der Berufsschulstandort Seesen, der für die Ausbildung von Zweiradmechanikern bekannt ist, soll erhalten bleiben. Das hat der Kreistag in Goslar beschlossen. Für das Gebäude soll allerdings ein Interessent gefunden werden. Foto: Leifeld
Seit langer Zeit wird darüber diskutiert, ob sich der Landkreis Goslar den Berufsschulstandort Seesen noch leisten kann. Jetzt hat der Kreistag entschieden, das Gebäude zu verkaufen und die benötigten Flächen zu mieten, um den Standort zu erhalten.
Goslar. Die Entscheidung hat sich spätestens in der Sitzung des Schulausschusses Ende September abgezeichnet, jetzt ist sie fix: Die Stadt Seesen behält ihren Berufsschulstandort, der Landkreis will das sanierungsbedürftige Gebäude verkaufen und die dann „notwendigen Flächen“ mieten. Diesen Beschluss fasste der Kreistag am Montagabend einstimmig und folgte damit einer Empfehlung des Schulausschusses.
Öffentlich diskutiert wird über den Standort, der überwiegend, aber nicht ausschließlich zur Ausbildung von Zweiradmechatronikern dient, mindestens seit 2023. Da wurde bekannt, dass „Handlungsbedarf“ besteht, wie es häufig heißt. Die Kreisverwaltung überlegte angesichts eines Sanierungsbedarfs, der auf rund 40 Millionen Euro geschätzt wird, und aufgrund einer geringen Auslastung, den Berufsschulstandort Seesen zu schließen.
Das Berufsförderungswerk
Nach und nach wuchs der Widerstand, parteiübergreifend in Seesen, in der CDU-Kreistagsfraktion beispielsweise und auch unter den Einwohnern, die sich an einer Unterschriftenaktion beteiligten. Schließlich suchte die Kreisverwaltung nach anderen Wegen.
Die Verwaltung hatte zwischenzeitlich allerdings eine Variante favorisiert, die weniger Kosten verursacht hätte. Demnach wäre die Berufsschule Seesen in das Berufsförderungswerk der „Inntegrativ GmbH“ nach Goslar verlegt worden. Bei ihren Plänen, den Standort Seesen aufzugeben, berief sich die Kreisverwaltung unter anderem auch auf einen Kreistagsbeschluss aus dem Jahr 2015. Darin wurde dem Standort Seesen nur eine „mittelfristige“ Bestandsgarantie zugesprochen.
Mit Blick auf die geringe Auslastung des Gebäudes vermerkt die Verwaltung in ihrer aktuellen Vorlage, dass im Schuljahr 2024/2025 noch 281 Teilzeitschüler unterrichtet worden seien, gemeint sind die Zweiradmechatroniker, die jeweils vier bis fünf Wochen Blockunterricht erhalten. Laut Verwaltungsvorlage bedeutet dies, „dass sich täglich etwa 70 bis 80 Auszubildende in einem Gebäude aufhalten, das für über 1000 Personen konzipiert war“.
Mittlerweile wuchs die Ablehnung gegen den Plan, den Standort aufzugeben und die Zweiradmechanikerausbildung nach Goslar zu verlegen. So hatte der Schulausschuss im März dieses Jahres eine Beschlussempfehlung zur Zukunft der Einrichtung vertagt, in der Sitzung waren „Sachverständige“ gehört worden, wie es heißt. Die zuständige Innung und ein Investor wurden etwa zu Rate gezogen.
Die jetzt beschlossene „Investorenvariante“, auch Sale and Lease Back genannt, die mit dem Land abgestimmt ist, hat durchaus Nachteile. Neben der langen Mietdauer nennt die Verwaltung unter anderem eine „längere“ Baustellenphase und die dezentrale Schulsituation mit Distanz zum Hauptsitz in Goslar. Eine „Goslarer Lösung“ wäre zudem wirtschaftlicher gewesen, heißt es, sie hätte also weniger Geld gekostet.
Ausschlaggebend für den Erhalt des Berufsschulstandortes war das Ziel, den ländlichen Raum zu stärken. Das betonte nicht nur die aus Seesen stammende SPD-Kreistagsabgeordnete Andrea Melone, die die Debatte am Montag im Kreistag eröffnete. „Ausdauer wird früher oder später belohnt“, sagte sie erleichtert und zitierte damit einen Spruch, der dem humoristischen Dichter Wilhelm Busch zugeschrieben wird, der seine letzten Lebensjahre in der zu Seesen gehörenden Ortschaft Mechtshausen verbrachte.
„Vielschichtiges Problem“
Melone zeichnete die Debatte der vergangenen Jahre nach und erinnerte an den Kreistagsbeschluss von 2015 mit der lediglich mittelfristigen Sicherung für den Standort und sagte: „Wir mussten Geduld haben.“ Sie würdigte den Beschluss auch, weil er die regionale Identität stärke. Für Seesen hoffe sie nun auf Ideen, wie das Gebäude belebt werden könne. Patrick Billep (CDU), der ebenfalls aus der Sehusastadt stammt, schloss sich Melones Ausführungen an und lobte die Entscheidung.
Peggy Plettner-Voigt (Linke) sprach von einem „vielschichtigen Problem“ und würdigte den Beschluss als „Signal für den ländlichen Raum“. Es sei „absolut richtig, den Schulstandort trotz aller Kosten zu erhalten“. Sie betonte: „Wir schauen auch auf die Menschen und haben die Region im Blick.“
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