Man lernt sich online kennen, und alles scheint viel zu schön, um wahr zu sein. Das Gegenüber hat einen tollen Job, sieht fantastisch aus und verfolgt genau die gleichen Ziele im Leben wie man selbst. Nach kurzem Hin- und Her-Gechatte wird bereits über tiefgründige Gefühle gesprochen. Nur zu einem Gespräch fernab der Tastatur kommt es einfach nicht. Spätestens ab diesem Moment ist Vorsicht geboten. Im digitalen Zeitalter ist es keine Seltenheit, dass sich zwischen Menschen, die online nach der wahren Liebe suchen, auch Betrüger tummeln.
Der Begriff „Catfishing“ hat sich über die Jahre für diese Betrügermasche etabliert. Übersetzt bedeutet es so viel wie Identitätsdieb oder auch Schwindler. Dabei muss die Identität nicht von jemandem benutzt werden, der wirklich existiert, sondern kann von der Person komplett ausgedacht sein. Die Frage ist, wie erkenne ich, ob ich mit einer Person, mit wahren Absichten chatte oder mit einer Person, die sich für jemanden ausgibt und gar nicht nicht existiert.
Die Gründe, warum jemand „Catfishing“ betreibt, können vielfältig sein. Ein naheliegender und häufiger Grund ist Geld. Die Liebesbetrüger wollen so schnell wie möglich eine emotionale Bindung zu ihren Opfern aufbauen, um so geschickt an persönliche Daten zu gelangen. Nach weiterem Kennenlernen kann schnell die Frage nach Geld kommen. Grund dafür sind meist familiäre oder persönliche Probleme, die diese Person vorgibt zu haben. Ein anderer radikaler Schritt wäre dann die Erpressung. Wenn mit der Person am anderen Ende des Bildschirms bereits intime Informationen oder auch Bilder geteilt wurden. Diese Daten benutzen die Betrüger schnell gegen einen und erpressen ihre Opfer damit. Nicht nur deshalb sollte mit sensiblen Daten im Internet immer vorsichtig umgegangen werden. Wie diese Masche im großen Stil funktioniert, hat die Netflix-Serie „Der Tinder-Schwindler“ dokumentiert. Dort hat Simon Leviv Frauen um mehrere Tausend Dollar betrogen und manche in den finanziellen Ruin gestürzt.
Ein anderes Motiv ist das besondere Machtgefühl. Anonym mit den Gefühlen anderer zu spielen und diese nach Belieben beeinflussen zu können, erzeugt bei manchen Menschen ein berauschendes Gefühl. Aber auch für Spionagezwecke kann ein Catfishing-Profil erstellt werden. Beispielsweise misstraut eine Frau ihrem Mann und erstellt sich daraufhin ein Fakeprofil auf einer Social-Media-Plattform. Mit der ausgedachten Identität versucht sie, Kontakt zu ihrem Mann aufzubauen und ihm auf diese Weise entweder des Betrugs zu überführen oder festzustellen, dass alles in Ordnung ist. Ob es richtig ist, seinen Partner auf diese Art und Weise zu kontrollieren, ist jedoch zu bezweifeln.
Auch besonders schüchterne Menschen greifen vereinzelt zur Catfishing-Methode. Sie trauen sich im realen Leben nicht, der Person ihrer Begierde ihre Gefühle zu offenbaren. Daher ist ein geschützter und anonymer Raum die vermeintlich perfekte Lösung um Kontakt aufzubauen. Man lernt sich online kennen, tauscht sich aus und findet Gemeinsamkeiten. Sobald es jedoch zu einem echten Treffen kommen soll, geht die Methode nicht mehr auf. Echte Gefühle oder Zuneigungen, die auf einer Identitätslüge aufbauen, haben in der Regel keinerlei Zukunft, und man ist genau dort, wo man angefangen hat.
Um sich vor solchen Fakeprofilen zu schützen, gibt es einige Dinge, auf die man beim Online-Dating achten kann. Damit man sich vor dem ersten Treffen schon ein bisschen kennenlernt, wird in der Regel erst mal einige Tage gechattet. Wenn das Gegenüber beim virtuellen Kontakt bereits seine auffallend traurige Lebensgeschichte preisgibt, sollte dies ein wenig zu denken geben. Besonders, wenn er oder sie dann auch noch um Hilfe bittet. Diese Hilfe muss erst mal nicht konkretisiert werden. Es geht darum, dass Mitleid und der Drang zu helfen sowie eine emotionale Bindung entstehen.
Auch sehr persönliche und intime Fragen rund um die eigene Person können ein Anzeichen für „Catfishing“ sein. Besonders, wenn der Fragende diese intimen Fragen nicht auch selbst beantworten möchte. Beim Austausch sollte auf Unstimmigkeiten in den Informationen geachtet werden, besonders wenn man bereits den Verdacht hat, dass es sich um einen Betrüger handeln könnte. Oft passen Aussagen in der Lebensgeschichte nicht zusammen oder es gibt Lücken. Bei folgendem Anzeichen sollten auf jeden Fall die Alarmglocken läuten: Jegliche Art von Kontakt, die über das Chatten auf der Social-Media-Plattform hinausgeht, wird abgelehnt. Es werden immer wieder neue und manchmal absurde Ausreden gefunden, warum beispielsweise ein Videotelefonat nicht möglich ist. Die Antwort ist ganz einfach, weil es die Person im realen Leben gar nicht gibt.
Auch wenn es einige Anzeichen gibt, die einen beim Online-Dating stutzig machen sollten, gibt es auch Möglichkeiten, selbst tätig zu werden, um sicher zu gehen, dass es keine Catfish-Falle ist. Profile mit nur wenigen oder gar keinen Bildern sind heutzutage schon recht ungewöhnlich, allerdings noch nichts, weshalb man sich ernsthaft Sorgen machen müsste. Dazu kann man sich bei Instagram noch die Follower anschauen. Sind dies überwiegend merkwürdige Profile mit offensichtlichem Fake-Charakter, ist das jedoch recht ungewöhnlich und sollte zu denken geben. Dazu gehören zum Beispiel Profile mit langen und komplizierten Usernamen. Außerdem haben viele kein Profilbild, wenige Follower und keine weiteren Beiträge.
Wenn das Dating-Profil, wie zum Beispiel bei Tinder, nicht verifiziert ist und die Bilder ein bisschen zu sehr nach Katalog aussehen, kann auch mithilfe von Google nachgeforscht werden. Verdächtige Fotos kann man mit der Google-Bildersuche überprüfen. So kann man schnell herausfinden, wo die Bilder noch verwendet werden, und ob sie von jemand anderem geklaut wurden.
„Catfishing“ zu betreiben kann verschiedene Gründe haben. Egal, welcher es auch sein mag, sich im Internet als jemand anderes auszugeben und damit mutwillig jemanden zu täuschen ist nicht richtig. Neben der Absicht andere um ihr Geld zu bringen ist das Spiel mit den Gefühlen sehr gefährlich. Man weiß nie, welchen Schaden man bei der Person, die betrogen wird, anrichten kann – sowohl finanziell als auch emotional.
Wenn man herausgefunden hat, dass es sich um einen Catfishing-Betrug handelt, sollte auf jeden Fall jeglicher Kontakt sofort eingestellt werden. Außerdem kann das Profil blockiert werden, sodass jegliche Kontaktaufnahme über Social Media unmöglich wird. Wenn die Telefonnummer bereits herausgegeben wurde, sollte man die Person auch dort blockieren. Wenn bereits ein finanzieller Schaden erstanden ist oder man bedroht oder erpresst wird, sollte sofort bei der Polizei Anzeige erstattet werden. Betrug über das Internet ist keine Seltenheit und jeder sollte vorsichtig mit seinen Gefühlen und Daten im World Wide Web umgehen.