Früher war nicht alles besser, eines lässt sich aber sagen: In der analogen, vielfach langsameren Welt war es leichter, Ruhe zu finden. Im Internetzeitalter sind viele Teenager hungrig nach Aufmerksamkeit, jagen Likes hinterher und können sich mit kaum etwas zufrieden geben, meinen Kritiker. Doch woher rührt der ständige Hunger nach mehr? Die Schlüssel zum Rätsel: Dopamin und Reizüberflutung.
Das Gehirn schüttet den Neurotransmitter Dopamin aus, wenn wir uns in einer Erwartungshaltung befinden. Beispielsweise, wenn wir ein Foto auf Instagram hochladen und uns über die bevorstehenden Likes freuen, oder wenn wir 30 Minuten lang auf YouTube stöbern, um das spannendste Video zu finden. Wird die Erwartung erfüllt, erhalten wir viele Likes oder sind wir auf das beste Video gestoßen, schüttet der Körper zusätzlich Endorphine und körpereigene Opiate aus: Wir sind glücklich.
Keine Zeit zum Abschalten
Doch je häufiger wir auf der Jagd nach diesen Glückserfahrungen sind, desto geringer wird die jeweilige Ausschüttung an Dopamin. Um das gleiche Maß Glücklichsein zu empfinden, fordert unser Körper immer stärkere Reize ein. Diesen Reizen geben wir meist unbewusst nach. In einer Welt, in der alles digital funktioniert, können wir ihnen gar nicht gänzlich ausweichen: Wir werden von Informationen bombardiert. Seien es schrille Werbeanzeigen oder Apps und Internetseiten, die darauf abzielen, den Nutzer so lange wie möglich online zu halten.
Der Reizüberflutung kann man mit dem Dopamin-Fasten entgegenwirken. Es soll die eigene Erwartungshaltung und das Belohnungssystem zügeln, um wieder Freude an anstrengenderen Tätigkeiten zu finden, im Stillen etwas Wertvolles zu erleben und dem Gehirn Auszeit zu schenken. Doch es handelt sich um ein Fasten, das nicht alles verbietet, das Spaß bereitet. Vielmehr ist es ein bewusster Verzicht auf ungesunde Angewohnheiten, wie Erfinder und Psychologe Dr. Cameron Sepah von der University of California betont.
Individuelle Sucht
Auf was man verzichten sollte, liegt bei jedem selbst. Während der eine beim Lernen ständig aufs Smartphone schaut und sich ablenken lässt, kann der andere abends nicht entspannen, ohne ein Videospiel gezockt zu haben. Der begrenzte Verzicht auf genau diese Stimulatoren macht den Detox aus.
Impulse zu unterdrücken, fällt schwer. Wer aber beständig bleibt, kann sich auf neue Lebensenergie freuen. Über das Dopamin, das dabei ausgeschüttet wird, muss man sich zumindest keine Gedanken machen. Es bringt uns sogar voran. von Lea Dämgen
Die tägliche Dosis Social-Media: Für die neuen Generationen sind die Netzwerke ein Muss.
So gehst du das Dopamin-Fasten richtig an:
Werde dir deines Verhaltens bewusst. Beobachte, wann du einem Reiz nachgeben willst und wie du dich dabei fühlst.
- Praktiziere das sogenannte Urge Surfing: Laß das Bedürfnis, einem Reiz nachzugeben zu, setz es aber nicht in die Tat um, sondern konzentriere dich auf deine eigentliche Beschäftigung. Wenn du konsequent bleibst, solltest du feststellen, dass es mit der Zeit immer einfacher ist, sich nicht ablenken zu lassen.
- Viele Social-Media-Accounts wie Instagram oder YouTube bieten die Funktion, eine maximale Nutzungsdauer pro Tag festzulegen. Nutze sie oder schaue selbst auf die Uhr. Wichtig: Nicht schummeln!
- Setze dir einen Zeitrahmen, in dem du bewusst starke äußere Reize (vor allem durch das Smartphone oder den Computer) vermeidest. Nutze diese Zeit nur für dich selbst: Lege dich in die Sonne und laß die Seele baumeln. Das können eine halbe oder auch drei Stunden am Stück sein. Mit der Zeit kannst du die anfängliche Dauer weiter erhöhen.
- Versuche, Langeweile zu ertragen. Falls du es anfangs gar nicht aushältst, nichts zu tun, taste dich langsam heran: Du kannst beispielsweise ein wenig Musik hören, einem Hörspiel lauschen, oder lesen.