Selbstbehauptung und das Erwachsenwerden
Dienstag, 24.01.2023 , 09:00 Uhr

Für Musikerin Laura Cox geht es steil nach oben

Die Pariser Sängerin und Gitarristin Laura Cox veröffentlicht ihr neues Album. Es geht dabei um Selbstbehauptung und das Erwachsenwerden. Im Gespräch gibt sie Einblicke in ihr Leben und ihren musikalischen Werdegang, nennt aber auch die Schattenseiten.

Laura Cox ist Sängerin und Gitarristin. Ihr drittes Album trägt den Titel „Head Above Water.“

Laura Cox ist Sängerin und Gitarristin. Ihr drittes Album trägt den Titel „Head Above Water.“ Foto: Le Turk

Für die Sängerin und Gitarristin aus Paris geht es gerade steil nach oben. Auf ihrem dritten Album „Head Above Water“ verfeinert Laura Cox ihre Stilpalette und beeindruckt mit packendem Rock und intimen Balladen. Und dann hat die 32-Jährige noch ein weiteres Ass im Ärmel, wie sie uns im Videogespräch erzählte.

Bei Laura Cox, die Mutter ist Französin, der Vater Engländer, mag sich sprachlich und geografisch zwar die mütterliche Seite durchgesetzt habe, Laura wuchs im Großraum Paris auf und lebt heute in der Hauptstadt, als Kind sprach sie kaum Englisch und sie hat sich einen bezaubernden französischen Akzent bewahrt. Doch getränketechnisch schlägt bei der Sängerin, Gitarristin und Songschreiberin die väterliche Seite durch. „Ich bin definitiv eine Bierfrau“, so Laura zu ihrer alkoholischen Präferenz. „Was die Frage ‚Bier oder Wein?‘ angeht, komme ich eindeutig nach meinem Vater.“

Bluesballaden und Rocksongs

Das Bier ist zweifellos ein weiterer Grund, um eine der Shows von Laura Cox, die gerade ihr drittes Album „Head Above Water“ veröffentlicht hat, zu besuchen. Aber, klar, die Musik bietet schon noch den maßgeblicheren Anreiz, Zeit mit dieser hochbegabten Rockmusikerin und ihrem Schaffen zu verbringen. Cox klingt kernig, die neuen Lieder strotzen vor Kraft und Energie, ihr Spiel an der Gibson Les Paul ist ausgefuchst und versiert, und mit ihrer Stimme meistert sie Bluesballaden ebenso mühelos wie krachharte Rocksongs.

Mit dem Gitarrenspiel begann Laura Cox vergleichsweise spät, mit 14. Dann aber „habe ich nie wieder damit aufgehört“. Sie übt exzessiv in ihrem Zimmer, wird sehr schnell sehr gut, und fängt 2008 an, Coverversionen bei Youtube hochzuladen. Cox liebt wuchtige, monumentale Lieder, etwa „We Will Rock You“ von Queen, „Money For Nothing“ von den Dire Straits oder auch alles von Slash, ihrem Lieblingsgitarristen. „Ich habe seine ganzen Soli auswendig gelernt, doch nach und nach mischte ich das Nachgespielte mit meinen eigenen Ideen als Songwriterin.“ Laura studierte dies und das, Übersetzerin, Architektin, für nichts brannte sie wie für die Musik, als Soundtechnikerin schließlich schaffte sie es zum Diplom, „nur für den Fall, dass es mit dem Leben als Musikerin nichts wird“. Äußerst unwahrscheinlich, dass dieser Fall noch eintritt.

Zeit für Neues

Denn für Laura Cox geht es karrieretechnisch gerade steil nach oben. Nach zwei Alben – „Hard Blues Shot“ (2017) sowie „Burning Bright“ (2019) – die sie noch unter dem Namen Laura Cox Band veröffentlichte, eliminierte sie das „Band“ (freilich nur aus ihrem Namen, ansonsten sind die Burschen schon noch mit dabei) und justierte die klangliche Grundausrichtung ein wenig neu. „Ich wollte, dass die neue Platte nicht ganz so hart klingt wie die anderen beiden. Natürlich ist der Rock’n’Roll immer noch sehr präsent, doch beim Schreiben habe ich mich stärker treiben lassen und mir bewusst größere Freiheiten genommen, um andere Instrumente und insgesamt mehr Nuancen zuzulassen.“

Als klassische Bluesrockerin sehe sich Laura Cox sowieso nicht, auch wenn ihr dieses Etikett zunächst anklebte. „Blues ist ein wichtiger Einfluss, aber längst nicht der einzige“, sagt sie. Folglich überraschen die neuen Lieder zum Beispiel mit Banjo und Lap-Steel-Gitarre, was ihnen ausgezeichnet steht. „Ich schöpfe liebend gern aus den unterschiedlichen musikalischen Kulturen, mit denen ich aufgewachsen bin. Schließlich liebe ich nicht nur Rockmusik, sondern auch Folk, Bluegrass und Country. Ich hatte große Lust, mich auszuprobieren, und außerdem entstanden viele der Songs auf „Head Above Water“ in einer relativ ruhigen Gesamtatmosphäre, was sich auf die Kompositionen ausgewirkt hat.“ Während also Stücke wie „So Long“ oder „One Big Mess“ zupackend und auf versierte Weise wüst klingen, sind „Before We Get Burned“ oder „Old Soul“ („Ich mag es, wenn man mich als alte Seele bezeichnet“) waschechte Gitarrenballaden.

Glaube an sich selbst

Zum Schreiben fuhr Laura im Sommer 2020, frustriert vom kompromisslosen französischen Corona-Lockdown, nach Portugal. Sie hielt sich einige Wochen in Lissabon auf und bereiste dann die Algarve, blieb immer nah am Ozean und blühte zusehends wieder auf. „Die Pandemie hatte mich ziemlich ausgelaugt und traurig gemacht. Die wilde Energie des Atlantischen Ozeans hat mich motiviert, mich neu belebt und mir geholfen, endlich wieder fokussiert an neuer Musik arbeiten zu können.“ Das Leben am Meer hat auch seine Spuren in den Songtexten und Titeln von „Head Above Water“, „Seaside“ oder „Glassy Day“ hinterlassen. Laura, lachend: „Beim letzten Album ging es stark um das Thema Feuer, dieses Mal war das Wasser prägend.“

Doch natürlich dreht sich der Titelsong nicht ums Schwimmen, sondern um Größeres, nämlich um Selbstbehauptung und das Erwachsenwerden als solches. „Ich merke, wie ich immer mehr zu der Person werde, die ich sein will“, sagt Cox. „Es gelingt mir auch besser, Entscheidungen nicht nur zu treffen, sondern sie auch durchzufechten, notfalls gegen Widerstände. Wenn ich will, dass sich mein Projekt nach meinen Vorstellungen entwickelt, dann muss ich mich verhalten wie eine Führungskraft, muss Anweisungen geben und zu einer Person werden, die ich früher nie sein wollte.“

Gerade als Chefin eines Teams voller, meist älterer, Männer, sei es auch mal notwendig, robust aufzutreten. „Ich war lange Zeit immer ein bisschen introvertiert und schüchtern. Manchmal habe ich nichts gesagt, um niemanden zu nerven. Aber wenn du als Frau respektiert werden willst, musst du aufstehen und auch mal nicht so nett sein.“ Laura ist ein freundlicher Mensch, aber als junge Frau in der Rockmusik, also, wie soll sie es ausdrücken, es gebe da schon hin und wieder die Momente, wo die Freundlichkeit an Grenzen stoße. „Vor allem nach den Shows kommen immer wieder mal Männer, die mich ungefragt küssen oder sonst wie bedrängen möchten. Einer wollte sich sogar mal an meinem Hals reiben.“ Dem Kerl hat sie dann eine gescheuert.

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