Nach der Schule steht man mit Beginn eines Studiums oder einer Ausbildung plötzlich auf eigenen Beinen. Dinge, mit denen man sich davor noch nie befassen musste, kommen auf einmal auf einen zu. Unter anderem das oft nervige und trockene Thema Versicherungen. Was brauche ich eigentlich als junger Erwachsener? Und was ist komplett unnötig? Die Junge Szene hat bei dem Goslarer Versicherungsberater Andreas Schweizer nachgefragt.
Andreas Schweizer ist Versicherungsberater bei der Axa. Foto: Privat
Aus meiner Sicht ist es das Wichtigste, die Deckung so zu bauen, dass man nicht in den finanziellen Ruin kommen kann. Das heißt, als Erstes sollte man klären, ob man Privathaftpflicht versichert ist. Das kann auch über die Eltern sein. Wenn nicht, ist das die erste Versicherung, die man braucht.
Als Nächstes würde ich die Berufsunfähigkeitsversicherung empfehlen. Das ist ein Thema, was oft von jungen Leuten nach hinten geschoben wird oder auch gar nicht gesehen wird, weil sie jung sind und das Gefühl haben, sie werden niemals krank. Wenn man dann allerdings merkt, dass man als Mensch doch ziemlich zerbrechlich ist, ist es meist zu spät, so was abzuschließen, oder man tut es nicht mehr, weil es dann zu teuer ist. Daher würde ich nach der Privathaftpflicht in der Prioritätenliste in Richtung Berufsunfähigkeit gehen.
Ich würde die Versicherungen immer so hinbauen, dass sie schlimmsten Risiken abgedeckt sind. Allein wenn man einen Fahrradunfall verursacht hat und der andere Beteiligte, hat sich dabei körperlich verletzt, dann kann man dafür haftbar gemacht werden. Sollte derjenige sich zum Beispiel am Knie verletzt haben und muss in der darauf folgenden Zeit häufiger operiert werden, sind das Kosten in Höhe von mehreren Tausend Euro. Wenn man dann nicht versichert ist, kann das einen in den finanziellen Ruin treiben.
Weil es passieren kann, wenn man fertig ist mit der Ausbildung oder dem Studium, dass man krank wird oder einen Unfall hat. Sodass man den Beruf nicht mehr ausüben kann. Das beste Beispiel sind Studierte. Jemand, der Lehrer ist, studiert mindestens fünf Jahre, muss dann noch sein Referendariat machen. Bedeutet, man ist locker sieben bis acht Jahre in der Ausbildung, und wenn man dann fertig ist und aus irgendwelchen Gründen betriebsunfähig wird, dann ist die ganze Ausbildung dahin. Alles, was auf der Ausbildung aufbaut, das ganze Leben, alles, was man sich in Zukunft noch kaufen möchte, das basiert auf dem Arbeitseinkommen. Wenn das zu einem bestimmten Zeitpunkt einfach wegfällt, dann fällt auch die ganze Zukunftsplanung ins Wasser. Und deswegen ist das die zweitwichtigste Versicherung. Alles Weitere ist individuell und muss je nach Lebenslage entschieden werden.
Komplett unnötig ist schwierig, weil Versicherungen eigentlich immer irgendeinen Sinn haben. Oft ziehen die Leute aus und schließen zuerst eine Hausratsversicherung ab. Wohnen dann aber in irgendwelchen Studentenbuden, wo sie die Möbel von Ebay-Kleinanzeigen geholt haben, und das wertvollste ist die Playstation für 300 Euro. Aber trotzdem werden dann rund 20 Euro im Monat für eine Hausratsversicherung ausgegeben. Das sehe ich immer so ein bisschen als sinnlos an.
Ich bin auch kein Fan davon, wenn junge Leute gleich Rechtsschutzversicherungen abschließen. Das ist irgendwie so ein deutsches Ding. Nach dem Motto: „Es könnte ja sein, dass ich mich mit irgendwem streite, und dann ist es ganz wichtig, dass ich meinen Anwalt dabei habe.“ Das machen die Leute von Natur aus sehr oft, da sie immer denken, es könnte ja was ganz Schlimmes passieren.
Definitiv beraten lassen. Ich weiß, unsere Branche hat nicht den besten Ruf, was so was angeht. Uns wird oft gesagt, die wollen alle nur verkaufen, aber ich bin jetzt seit15 Jahren tätig, und ich sage ganz ehrlich, die Leute, die mit mir groß geworden sind und meine Generation an Versicherungsvertretern, wir sind alle viel mehr daran interessiert, ehrlich und fair zu beraten. Sagen den Leuten dann auch wirklich, was gut und was schlecht ist. Zum einen wollen wir unsere Kunden natürlich ein Leben lang begleiten, aber wir stehen heutzutage auch mit in der Haftung. Deswegen würde ich mich in jungen Jahren irgendwo hin wenden, dem ich selbst vertraue.
Also ich kann mir nicht vorstellen, dass der Kunde da im Vordergrund steht. Die Apps sind ja quasi in der Funktion eines Versicherungsmaklers. Im Endeffekt also Dienstleister für die Versicherungsgesellschaften. Wenn jetzt ein Kunde beispielsweise bei mir einige Verträge hat und der lädt sich dann die App runter, dann werden diese Verträge bei mir aus dem Bestand weggenommen und in den Bestand der App übernommen. Und da geht das Erste schon los, daran fängt die App schon an zu verdienen. Weil sie nämlich dort als Makler auftritt, und indem man diese runterlädt und einfach den AGBs zustimmt, hat man quasi schon einen Maklerauftrag unterschrieben. Dahinter steckt dann noch ein Computer, der mir vielleicht mal Fragen beantwortet oder dem ich Fragen stellen kann. Ich bin kein Fan von Apps, die einen beraten. Der individuelle Kunde kann bei der Masse gar nicht richtig betrachtet werden und das hat an dieser Stelle auch nicht mehr Priorität. Wenn man am nächsten Tag sagt, ich lösche die App wieder, ist denen das auch egal. Deswegen würde ich mich immer für einen persönlichen Betreuer entscheiden. Weil Vertrauen auch nur zwischen zwei Menschen passieren kann, nicht zwischen einem Menschen und einem Computer. Und Versicherung hat mit Vertrauen zu tun.
Im Endeffekt ist das für mich ein Vergleichsportal wie jedes andere auch. Es vergleicht einfach nur Preise. Ich habe nichts dagegen, mich im Internet zu informieren. Ich bin da schon ein Fan von, und das machen ja auch viele. Die jungen Leute sollten sich auch erst mal ihr eigenes Bild machen. Zum Beispiel Themen, die einem wichtig sind, googeln. Da können sich bereits Knackpunkte entwickeln, die man dann mit dem jeweiligen Berater durchsprechen kann.
Aber auch um Preise zu vergleichen, sind das Internet und die Apps erst mal super. So kann man den Berater natürlich auch prüfen: Ist er marktkonform oder möchte mich hier jemand abziehen? Im Internet vergleichen ergibt Sinn. Versicherungen und Verträge abschließen, würde ich allerdings immer mit einem Berater.